Geldwäsche bei der Abwicklung einer Erbschaft

Bedeutung des GwG für Erben und Testamentsvollstrecker

Veröffentlicht am: 03.11.2021
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

Bedeutung des GwG für Erben und Testamentsvollstrecker

Ein Beitrag von Dr. Michael Demuth, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrrecht in Hamburg

Das Geldwäschegesetz (GwG) betrifft zahlreiche Lebensbereiche und seine Anwendung gewinnt an Relevanz in der Praxis. Bei der Abwicklung einer Erbschaft gilt das insbesondere, wenn Bankkonten zum Nachlass gehören.

Ein amtlich bestellter Nachlasspfleger forderte von einer Bank unter Vorlage notariell beglaubigter Personalausweiskopien der Erben die Auszahlung des Saldos vom Konto des Erblassers. Die Bank verweigerte die Auszahlung unter Hinweis auf die geldwäscherechtlichen Identifizierungspflichten, welche sie als nicht erfüllt ansah. Der BGH bestätigte dies jüngst (BGH, Urt. v. 20.4.2021 – XI ZR 511/19) und entschied, dass das GwG vollumfänglich anwendbar ist. Banken, Versicherungen und auch Fonds müssen gegenüber Erben, Testamentsvollstrecker und Nachlasspflegern auf deren Einhaltung bestehen.

Nachfolgend werden die inhaltlichen Vorgaben des GwG sowie die praktischen Folgen vorgestellt.

Pflicht zur Identifizierung nach dem GwG

Der BGH stellte zunächst fest, dass die Identifizierungspflicht auch dann besteht, wenn wie im entschiedenen Fall, dass Konto aufgelöst und die Geschäftsbeziehung damit beendet wird.

Denn dann ergibt sich die Identifizierungspflicht entweder aus § 10 Abs. 3a S. 2 Nr. 1 GwG, weil sich durch den Tod des Kontoinhabers und den Eintritt der Erben in dessen vertragliche Rechtsstellung maßgebliche Umstände beim Kunden geändert haben. Oder diese ergibt sich im Hinblick auf die begehrte Auflösung des Kontos aus § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a GwG, da in diesem Fall die begehrte Auszahlung einen Geldtransfer nach Art. 3 Nr. 9 der VO (EU) 2015/847 darstellt.

Umfang der Identifizierungspflicht erfordert mehr als notariell beglaubigte Ausweiskopie

Gemäß § 1 Abs. 3 GwG besteht die Identifizierung einer Person im Sinne dieses Gesetzes zum einen aus der Feststellung der Identität durch Erheben von Angaben und zum anderen aus der Überprüfung der Identität gemäß § 11 Abs. 4 Nr. 1 GwG.

Die erforderliche Überprüfung der Identität einer natürlichen Person hat gemäß § 12 Absatz 1 und 3 sowie 13 GwG zu erfolgen. Die Übersendung einer notariell beglaubigten Kopie des Personalausweises Ist nach dem BGH hierfür nicht ausreichend, sondern es bedarf entweder der Vorlage des Originaldokuments vor Ort oder eines den Anforderungen des GwG entsprechenden elektronischen Identifizierungssystems. Als letzteres sieht der BGH den elektronischen Identitätsnachweis nach § 18 PAuswG an.

Keine vereinfachten Sorgfaltspflichten gemäß § Ziffer 14 Absatz 1GwG

Nach § 14 Absatz 2 S. 1 GwG können Verpflichtete bei Anwendbarkeit der vereinfachten Sorgfaltspflichten den Umfang der Maßnahmen, die zur Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten zu treffen sind, angemessen reduzieren und insbesondere die Überprüfung der Identität abweichend von den § 12, 13 GwG auf der Grundlage von sonstigen Dokumenten, Daten oder Informationen durchführen, die von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen und für die Überprüfung geeignet sind.

Der Anwendung der vereinfachten Sorgfaltspflichten hat der BGH im entschiedenen Fall jedoch eine Absage erteilt. Nach seiner Ansicht kann dabei nicht mit der erforderlichen Gewissheit festgestellt werden, dass eine Auszahlung vom Nachlasskonto unter Berücksichtigung der vom GwG genannten Risikofaktoren tatsächlich mit einem geringeren Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung verbunden ist. Dagegen spricht aus Sicht des Gerichts, dass die Erben der Bank selbst bisher unbekannt sind und daher insoweit überhaupt keine Identifizierung möglich ist. Den Umstand des fehlenden persönlichen Kontakts werdet der BGH gerade als ein Anzeichen für ein potenziell höheres Risiko. Dem stand in der Entscheidung auch der vergleichsweise geringe Auszahlungsbetrag von bloß gut EUR 1000 nicht entgegen. Die Verhältnismäßigkeit ist aus Sicht des BGH trotzdem gewahrt.

Folgen für Erben und Testamentsvollstrecker in der Praxis

Die geldwäscherechtlichen Vorschriften dringen in immer mehr Lebensbereiche vor. Nach der dargestellten Entscheidung des BGH spielen sie nunmehr in praktisch allen Fällen der Nachlassabwicklung eine Rolle.

Banken, aber auch (Lebens-) Versicherung und Fonds müssen gegenüber Erben, Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger an die geldwäscherechtlichen Vorgaben zwingend einhalten. Für die Finanzdienstleister bedeutet dies entsprechenden organisatorischen Aufwand. Wirklich schwierig stellt sich die Lage für im Ausland befindliche Erben dar. Aber auch für weit entfernt im Inland lebende Erben, Testamentsvollstrecker und Nachlasspfleger ist die Lage sehr misslich, wenn diese quer durch die Republik reisen müssen, nur um ihren Personalausweis vorzuzeigen.

Auch wegen dieser Fälle ergibt sich die Notwendigkeit für die Finanzdienstleister, ihre digitale Infrastruktur aufsichtsrechtlichen Anforderungen genügend flächendeckend auszubauen, um eine elektronische Identifizierung zu ermöglichen.