Erbschaftsteuerpflicht der Miterben
Mitglieder der Erbengemeinschaft haften mit ihrem Privatvermögen
Wird ein Erblasser durch mehrere Personen beerbt, bilden diese automatisch eine Erbengemeinschaft. Dies birgt nicht selten eine Menge Zündstoff. Weiteres Öl ins Feuer hat nun der Bundesfinanzgerichtshof (BFH) in einer neueren Entscheidung gegossen (Urteil vom 4.6.2019 – Aktenzeichen VII R 16/18).
5 Millionen Euro Erbschaftsteuer
Im vom BFH zu entscheidenden Fall bildete die Klägerin gemeinsam mit ihrem Bruder eine Erbengemeinschaft. Beide beerbten ihre Mutter zu je ½. Der Nachlass enthielt über 20 Millionen Euro. Der Bruder lehnte eine zügige Auseinandersetzung des Nachlasses ab. Das Finanzamt setzte eine Erbschaftsteuer von über 5 Millionen Euro fest.
Pfändung in das Privatkonto
Die Klägerin berief sich auf § 20 Absatz 3 Erbschaftsteuergesetz, wonach bis zur Erbauseinandersetzung das Nachlassvermögen für die Steuer der am Erbfall Beteiligten hafte. Sie beantragte daher, die Erbschaftsteuerlast durch Pfändung eines im Nachlass befindlichen Kontos zu tilgen, weil selbst eine teilweise Erbauseinandersetzung durch ihren Bruder verhindert werde und sie sich selbst nicht in der Lage sah, die Erbschaftsteuer aus ihren (durchaus vorhandenen) persönlichen Mittel zu begleichen. Die Erbschaftsteuer sei eine Nachlassverbindlichkeit und die Vollstreckung in ihr Privatvermögen sei daher unverhältnismäßig. Das Finanzamt sah sich hieran jedoch nicht gebunden und pfändete Konten aus dem Privatvermögen der Klägerin.
Einspruch und Klage
Der Einspruch der Klägerin gegen diese Pfändungs- und Einziehungsverfügungen blieb erfolglos, da die Vorgehensweise der Finanzverwaltung nach pflichtgemäßem Ermessen ergangen sei. Nach Ansicht der Finanzverwaltung sei zu erwarten gewesen, dass dies der schnellste und sicherste Weg gewesen sei, da die (guten) Vermögensverhältnisse der Klägerin bekannt gewesen seien. Diese strengte daraufhin eine Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf an und scheiterte. Auch die Revision vor dem Bundesfinanzgerichtshof blieb nunmehr erfolglos.
Kein Rangverhältnis nach § 20 Absatz 3 Erbschaftsteuergesetz
Der Bundesfinanzgerichtshof hob hervor, dass es sich um eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung der Vollstreckungsbehörde handle, welche Vollstreckungsmaßnahme ergriffen werde. Die Ausübung fehlerhaften Ermessens konnte das Gericht nicht feststellen. Auch § 20 Absatz 3 Erbschaftsteuergesetz begründe keine abschließende Beschränkung von Vollstreckungen auf das Nachlassvermögen. Richtig sei zwar, dass nach dieser Vorschrift der Nachlass bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft für die Steuer der am Erbfall Beteiligten hafte. Jedoch bedeutet dies nicht im Umkehrschluss, dass die Finanzverwaltung immer vorrangig in den ungeteilten Nachlass vollstrecken müsse. Eine Rangfolge der Vollstreckungsschuldner sei der Vorschrift gerade nicht zu entnehmen.
Keine Haftungsbeschränkung bei persönlicher Erbschaftsteuerschuld
Ebenso wenig könne sich die Klägerin erfolgreich auf § 2059 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch berufen. Nach dieser Vorschrift kann jeder Miterbe bis zur Auseinandersetzung des Nachlasses die persönliche Inanspruchnahme zur Tilgung von Nachlassverbindlichkeiten in sein Privatvermögen verweigern. Bei den in Rede stehenden Erbschaftsteuerschulden handelt es sich zwar grundsätzlich um Erbfallschulden, jedoch gilt nach Auffassung des Bundesfinanzgerichtshofes § 2059 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch nicht für persönliche Erbschafsteuerschulden, da der Steuerschuldner für diese unbeschränkt haftet.
Konflikte durch rechtzeitige Planung vermeiden!
Auch nach dieser Entscheidung des Bundesfinanzhofes wird es weiterhin Erbengemeinschaften geben und diese werden sich auch weiterhin in unschöner Regelmäßigkeit streiten, ehe eine Erbauseinandersetzung herbeigeführt werden kann. Erschwerend kommt allerdings hinzu, dass die Zahlung der Erbschaftsteuer und die Haftung mit dem persönlichen Vermögen drohen und zwar unabhängig davon, ob bereits tatsächlich Geld aus der Erbschaft erlangt wurde. Ein probates Mittel, um diese Konflikte im Vorhinein zu vermeiden, ist eine umsichtige Nachfolgeplanung durch den Erblasser, bei der zum Beispiel eine geeignete Person als Testamentsvollstrecker benannt wird, so dass die Erbauseinandersetzung wesentlich erleichtert wird.