Erbschaft in Italien - Erbschaftssteuer in Deutschland?
Steuerpflicht schon vor Annahme der Erbschaft im Ausland
Nicht nur das Leben wird immer internationaler. Auch mehr und mehr Todes- bzw. Erbfälle haben einen Auslandsbezug. Die Betroffenen müssen dann unter anderem klären, nach welchem nationalen Erbrecht sich die Erbfolge bestimmt. Aber auch steuerliche Besonderheiten gilt es bei grenzüberschreitenden Erbschaften zu beachten.
Annahme der Erbschaft in Italien nach Wegzug aus Deutschland
Das Finanzgericht Hessen musste vor einigen Monaten einen Streit um die Erbschaftssteuer bei einem solchen Erbfall mit Auslandsbezug entscheiden (FG Hessen, Urteil vom 22.08.2019 - 10 K 1539/17). Geerbt hatte eine in Deutschland lebende Italienerin, deren Vater in Italien verstorben war. Der Nachlass bestand überwiegend aus ausländischen Immobilien, Wertpapieren und Bankguthaben. Die Erbin gab nach dem Todesfall ihren deutschen Wohnsitz auf und zog ins Ausland. Erst dann nahm sie die Erbschaft in Italien an.
Anders als nach deutschem Erbrecht wird man in Italien nicht automatisch mit dem Erbfall Erbe. Vielmehr entsteht die Erbenstellung nach italienischem Erbrecht tatsächlich erst mit der förmlichen Annahme.
Anwendbarkeit des deutschen Erbschaftssteuerrechts streitig
Aufgrund dieser Besonderheit vertrat die Erbin die Auffassung, dass ihre Erbschaft gar nicht in Deutschland erbschaftsteuerpflichtig sein könne. Schließlich habe sie in Deutschland gar keinen Wohnsitz mehr gehabt, als sie ihr Erbe in Italien antrat. Das Finanzamt hingegen unterstellte eine unbeschränkte Steuerpflicht und stellte dabei auf den Todestag und nicht auf die Erbschaftsannahme nach italienischem Recht ab.
Das FG Hessen bestätigte diese Auffassung des Finanzamts die Festsetzung der Erbschaftsteuer sei rechtmäßig, da aufgrund des deutschen Wohnsitzes der Erbin am Todestag das deutsche Erbschaftssteuerrecht anwendbar sei, so die Richter. Dies gelte also auch für einen Erwerb von Todes wegen nach italienischem Recht, soweit der Erbe zum Zeitpunkt der Entstehung steuerlich als Inländer anzusehen ist.
Anrechnung der italienischen Erbschaftssteuer auf die deutsche Erbschaftssteuer
Das Finanzgericht stellte jedoch zugunsten der Erbin klar, dass die von ihr zu zahlende italienische Erbschaftsteuer auf die in Deutschland zu zahlende Erbschaftsteuer anzurechnen ist. Eine entsprechende Vorschrift findet sich im Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz.
Diese greift grundsätzlich dann, wenn es zwischen den betroffenen Staaten kein sogenanntes Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschaft- und Schenkungssteuer gibt. Ein solches Abkommen gibt es derzeit nur mit wenigen Ländern, zum Beispiel Frankreich. Für Italien greift hingegen die allgemeine Regelung hinsichtlich der Anrechnung ausländischer Erbschaftssteuer.
Erhebliche Unterschiede im Erbrecht auch innerhalb Europas
Der Fall zeigt anschaulich, wie unterschiedliche Regelungen in den nationalen Erbrechten sowohl rechtliche als auch steuerliche Fragen aufwerfen. So ist etwa bei deutsch-italienischen Erbfällen nicht nur zu beachten, dass die Erbenstellung von der Annahme durch den Erben abhängt. Wichtige andere Unterschiede im italienischen Recht gibt es auch im Pflichtteilsrecht sowie bei der Testamentserrichtung. So haben enterbte nahe Angehörige in Italien keinen Pflichtteilsanspruch in Form einer Geldzahlung. Sie erhalten vielmehr ein sogenanntes Noterbrecht. Gemeinschaftliche Testamente von Ehegatten, wie zum Beispiel das in Deutschland so beliebte Berliner Testament, sind in Italien unwirksam.
Darüber hinaus zeigt der Fall, dass eine Flucht vor der Erbschaftsteuer ins Ausland nicht so einfach ist. Die inländische Steuerpflicht hat zahlreiche Anknüpfungspunkte und lässt sich nicht so einfach abschütteln. Die Verlegung des Wohnsitzes oder gar der Wechsel der Staatsangehörigkeit sollten daher stets sorgfältig im Hinblick auf die steuerlichen Konsequenzen geprüft werden, zum Beispiel mit Bezug zur sogenannten Wegzugsbesteuerung.