Erbschaft ausschlagen beim Berliner Testament?

Wenn der Ehegatte nicht will, kommen die Kinder zum Zuge

Wer im Testament als Erbe eingesetzt wurde, aber nicht erben will, muss die Erbschaft ausschlagen. Wer dann an Stelle des Ausschlagenden erbt, ist nicht immer einfach zu entscheiden.

Veröffentlicht am: 11.09.2023
Qualifikation: Fachanwältin für Erbrecht und Steuerrecht
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Es gibt verschiedene Gründe, warum (gesetzliche oder testamentarische) Erben die Erbschaft ausschlagen. Gelegentlich ist dann nicht sofort klar, wer an Stelle des Ausschlagenden die Erbschaft antritt. Wie das beim Berliner Testament ist, hat kürzlich das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Juli 2023 – 3 Wx 91/23).

Wer ist Ersatzerbe, wenn der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlägt?

Im gemeinschaftlichen Ehegattentestament als sogenanntes „Berliner Testament“ setzen sich die Eheleute zunächst gegenseitig als Alleinerben ein und die Kinder dann als Schlusserben für den zweiten Erbfall. In dem vom OLG zu entscheidenden Fall hatten der Ehemann und die Ehefrau jeweils eine Tochter aus früheren Beziehungen, die sie zu Schlusserben einsetzten.

Als die Ehefrau verstarb, schlug der Ehemann die Erbschaft aus und es gab Streit im Erbscheinverfahren darüber, wer denn nun statt des Witwers Erbe ist. § 1953 Absatz 2 BGB regelt diesen Fall so, dass derjenige Erbe wird, der berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte. Bei einer testamentarischen Erbfolge kommt dann der im letzten Willen eingesetzte Ersatzerbe zum Zuge. Im vorliegenden Fall hatten es die Eheleute jedoch versäumt, letztwillig Ersatzerben zu bestimmen.

Gericht entscheidet zugunsten der Schlusserben

Zum Teil wird in diesen Fällen auf die gesetzliche Erbfolge zurückgegriffen. Die Richter am OLG Düsseldorf vertraten dagegen die Ansicht, dass man hier von einer stillschweigenden Ersatzerbeneinsetzung der Schlusserben ausgehen könne. Dies entspreche dem mutmaßlichen Willen des Erblassers, auf den es bei der Auslegung von Testamenten ankomme.  

Achtung Ausschlagung!

Häufige Gründe für eine Erbausschlagung sind in der Praxis die Überschuldung des Nachlasses oder auch die Vermeidung, sich mit der Abwicklung der Erbschaft auseinandersetzen zu müssen. Gelegentlich wird die Ausschlagung jedoch auch dafür genutzt, gezielt gestaltend in die Erbfolge einzugreifen.

Das kann zum Beispiel auch steuerlich motiviert sein. Bei der Erbschaftsteuer kann nämlich das Berliner Testament mit der Einsetzung des Ehegatten zum Alleinerben zur Steuerfalle werden, weil für diesen Erbfall die Freibeträge der Kinder (je 400.000 Euro) nicht genutzt werden können. Je nach Konstellation kann man dann über eine Ausschlagung nachdenken. Wie der Fall vor dem OLG Düsseldorf zeigt, muss aber im Vorfeld einer solchen Gestaltung genau geprüft werden, wer tatsächlich von der Ausschlagung profitiert.