Erbrechtliche Zuweisung eines landwirtschaftlichen Betriebes

Unternehmensnachfolge nach dem "Es-kann-nur-einen-geben"-Prinzip

Veröffentlicht am: 09.03.2016
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Bei der Vererbung eines landwirtschaftlichen Betriebes kann es dazu kommen, dass ein Gericht einem von mehreren Erben den Hof zuweist und sich die anderen Erben mit einer bescheidenen Abfindung begnügen müssen. In einem aktuellen Fall mussten die Richter zwischen der Ehefrau und der Tochter des Landwirts entscheiden.

Die Merkwürdigkeiten des landwirtschaftlichen Erbrechts

Unternehmensnachfolgen sind rechtlich und steuerliche komplex. Hinzu kommen – gerade bei Familienbetrieben – noch familiäre und soziale Aspekte, die zu berücksichtigen sind. Als wäre das nicht bereits schwierig genug, hat der Gesetzgeber sich für landwirtschaftliche Betriebe noch eine ganze Reihe gravierender Sonderregeln einfallen lassen. Im Wesentlichen sollen diese sicherstellen, dass die Betriebe als solche bei einem Erbfall mit mehreren Erben nicht auseinanderfallen.

Neben der sogenannten Höfeordnung, die in nord- und westdeutschen Bundesländern gilt, gibt es erbrechtliche Ausnahmeregelungen auch im BGB sowie im Grundstücksverkehrsgesetz. In letzterem ist u.a. geregelt, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb, der in eine Erbengemeinschaft fällt, per Gerichtsentscheid einem der Miterben zugeteilt werden kann.

Witwe oder Kinder – wer hat das Zeug zum Bauern?

Das Oberlandesgericht Brandenburg musste 2015 in einem Fall entscheiden, ob die Ehefrau oder die Tochter eines verstorbenen Landwirts dessen Hof erben und weiterführen sollte. Zwar gab es ein Testament des Bauern, dieses war jedoch formunwirksam. Gesetzliche Erben waren damit die Ehefrau und die Tochter in Erbengemeinschaft. Das Gericht musste den hypothetischen Willen des Erblassers erörtern. Wen hätte er als Hofnachfolger ausgewählt, wenn er eine solche Wahl vorgenommen hätte?

Für die Antwort auf diese Frage spielen zahlreiche Umstände eine Rolle. Die Richter des OLG stellten fest, dass bei der Auswahl Abkömmlinge grundsätzlich keinen Vorrang gegenüber Ehegatten haben. Dies gelte auch dann, wenn der Ehegatte bereits das Rentenalter erreicht habe, solange er noch als „wirtschaftsfähig“ angesehen werden könne. Dieses Kriterium war im konkreten Fall durch den Sohn gewährleistet, der auf dem Hof mit anpackte. Im Ergebnis wurde der Hof dann der Witwe zugesprochen, da diese den Hof bereits vor dem Erbfall gemeinsam mit dem Ehemann geführt und betrieben habe und dadurch eine engere Verbindung bzw. Verbundenheit zu dem landwirtschaftlichen Betrieb gehabt habe.

Wie zeitgemäß ist das landwirtschaftliche Erbrecht?

„Es kann nur einen geben“ – so lautet das Dogma im landwirtschaftlichen Erbrecht. Besonders bitter ist für die sogenannten „weichenden“ Erben, dass sie als Kompensation regelmäßig nur Abfindungen erhalten, die sich bestenfalls am Ertragswert orientieren. Dieser liegt jedoch bei landwirtschaftlichen Betrieben fast immer deutlich unter dem Substanz- bzw. Verkehrswert der Grundstücke.

Da auch in der Landwirtschaft der Trend zur Konsolidierung und Industrialisierung seit Jahrzehnten Spuren hinterlässt, darf die Frage erlaubt sein, wie zeitgemäß der besondere Schutz der Hofes, der die bäuerliche Familie ernähren und die Volksernährung sicherstellen soll, noch ist. Unternehmen in anderen Branchen müssen sich auch rechtzeitig mit Themen der Nachfolge, Pflichtteilen, Erbschaftssteuer etc. auseinandersetzen und schaffen dies. Diesbezüglich kann auch einem Landwirt umsichtiges Handeln und Planen zugetraut werden.

Schließlich kümmern sich Bauern – anders als andere Unternehmer – in den meisten Fällen rechtzeitig um die Nachfolge und sorgen fast immer bereits zu Lebzeiten für eine Übergabe an die nächste Generation. Einen Erbstreit können sie damit häufig vermeiden.