Erbstreit bei Veltins

Wurde der Sohn um seinen Pflichtteil gebracht?

Bei der Unternehmensnachfolge werden nicht immer alle Kinder gleichbehandelt. Was weichende Geschwister hinnehmen müssen und was nicht, entscheidet beim Familienunternehmen Veltins nun ein Gericht.

Veröffentlicht am: 27.03.2024
Qualifikation: Rechtsanwältin für Erbrecht
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Zoff im Sauerland! Bei der Brauerei Veltins streitet die Inhaber-Familie darum, ob bei der Unternehmensnachfolge alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Sohn Clemens hatte einst auf Ansprüche verzichtet, macht aber nun gerichtlich Erb- und Pflichtteilsansprüche geltend.

Allein die Schwestern erben das Unternehmen

Die 1994 verstorbene Rosemarie Veltins machte Clemens Schwestern Susanne und Frauke per Testament zu alleinigen Erben der Brauerei, nachdem Clemens bereits 1980 einen notariellen Pflichtteilsverzicht erklärt hatte.

Den Wortlaut der Passage im Testament zitiert das Handelsblatt wie folgt: "Mein Sohn Carl-Clemens Veltins hat von mir bereits Zuwendungen in ausreichendem Maße zu Lebzeiten erhalten, so dass unter Berücksichtigung aller Umstände weitere Zuwendungen im Erb- oder Vermächtniswege an ihn nicht gerechtfertigt sind."

Eine solche erbrechtliche Gestaltung der Unternehmensnachfolge ist in Familienbetrieben nicht unüblich. Clemens, der nach dem Pflichtteilsverzicht etwa drei bis vier Millionen Euro erhalten haben soll, greift nun aber das Testament und den Verzicht unter Hinweis auf die damaligen Umstände an:

Wurde Clemens Veltins überrumpelt?

Medienberichten zufolge behauptet Clemens, er sei nach einer Party am Morgen seines 18. Geburtstags halb nüchtern von seiner Mutter zum Notar gebracht worden, um dort einen "Erbverzicht" zu unterschreiben. Rückblickend fühlt er sich dadurch überrumpelt und um sein Erbe gebracht. Seine Rechtsanwälte halten das Vorgehen rund um den Pflichtteilsverzicht für sittenwidrig und auch das Testament sei dadurch insgesamt nichtig. Sie klagen daher sowohl die Erbenstellung ihres Mandanten ein als auch - hilfsweise - Pflichtteilsansprüche. Im Erfolgsfall steht für Clemens ein dreistelliger Millionenbetrag im Raum.

Der Erbstreit um die Unternehmensanteile schwelt schon seit 2016. Zunächst hatte Clemens sich nach eigenen Angaben um eine gütliche Einigung mit seinen Schwestern bemüht.

Welche Rechte haben schwarze Schafe in der Unternehmensnachfolge?

Clemens Veltins gilt als das "scharze Schaf" der Sauerländer Unternehmerfamilie. Auffällig wurde er vor allem durch Drogenkonsum, Straftaten und eine Gefängnisstrafe. Keine Überraschung also, dass die Mutter ihn sich nicht als künftigen Inhaber oder gar Lenker des Familienunternehmens vorstellen konnte. Eine entsprechende Enterbung durch Testament ist regelmäßig rechtlich auch kein Problem. Gerade, wenn das Familienvermögen aber zum ganz überwiegenden Teil im Betrieb gebunden ist, droht den Nachfolgern weiter Gefahr in Form von Pflichtteilsansprüchen der Enterbten.

Daher wird zur Absicherung tatsächlich auch zum Instrument des Pflichtteilsverzichts gegriffen. Ein solcher Verzicht kann aber durchaus auch nichtig sein, wenn ein Gericht ihn als sittenwidrig einstuft. Und bei dieser Bewertung spielen sowohl die Umstände des Verzichts als auch die Höhe einer gezahlten Abfindung eine Rolle. Insoweit bleibt also abzuwarten, wie das Gericht im Fall Veltins die Sache bewertet. Dass hierdurch auch das Testament angefochten werden kann, dürfte aber eher unwahrscheinlich sein.