Eine Heirat, die sich rechnet

Versorgungsehe für die Witwenrente

Veröffentlicht am: 16.10.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Versorgungsehe für die Witwenrente

Ein Beitrag von Fiona Schönbohm

Was macht man nicht alles aus Liebe? Und was macht man nicht alles für Geld? Glück hat, wer beides in derselben Person findet. Doch dass Menschen ihren Partner des Geldes wegen heiraten ist keineswegs neu. Umfängliche Eheverträge können vorbeugen, doch nicht selten landen Fälle bei Gericht. Dann wird um das Erbe gestritten, O-Ton: Die viel jüngere Frau habe den Vater doch nur seines Vermögens wegen geheiratet.

Eine entsprechendes Äquivalenz gibt es in weniger wohlhabenden Schichten. Denn wo nichts zu holen ist aus der Erbschaft, gibt es für den verbleibenden Ehepartner immer noch die Aussicht auf die sogenannte „Witwenrente“. Wann die missbraucht wird, konkretisierte jetzt das Sozialgericht Berlin in einer Entscheidung.

Rente als Folge der Ehe

Grundsätzliches zuerst: Unter bestimmten Voraussetzungen stehen dem überlebenden Ehepartner Zahlungen aus der Rentenversicherung des Verstorbenen zu. Sie steht solchen Hinterbliebenen zu, die älter als 45 Jahre und 4 Monate sind oder ein minderjähriges Kind erziehen. Dies sind in der Regel Frauen — einerseits, weil Männer durchschnittlich früher sterben, andererseits aber auch, weil eigenes Einkommen auf die Witwenrente angerechnet wird.

Wenn die Hinterbliebene also selbst arbeitet oder eine anständige eigene Rente bezieht, bleibt von der Witwenrente nichts übrig. Weil traditionell in den jetzt älteren Generationen aber die Frauen Zuhause blieben, um Kinder zu erziehen, sind die Hauptempfänger. Daher wird die Hinterbliebenenrente „Witwenrente“ genannt.

Missbrauch der Heirat

Diese Regelung kann natürlich ausgenutzt werden. Dann wie lange die Eheschließung her ist, hat grundsätzlich keine Relevanz. Daher sieht das sechste Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Missbrauchsklausel vor. Wenn zwei Menschen überwiegend nur deswegen heiraten, damit Witwenrente bezogen werden kann, spricht man von einer sogenannten „Versorgungsehe“. Die wird gesetzlich vermutet, wenn die Ehe kürzer als ein Jahr war. Der Hinterbliebene muss dann beweisen, dass andere Beweggründe vorlagen und jedenfalls gleichwertig waren.

Im vom Sozialgericht zu entscheidenen Fall hatten die Beteiligten zwei Monate vor Ableben des Ehemannes geheiratet. Die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg verweigerte der Ehefrau deshalb die Auszahlung einer Witwenrente. Die gesetzliche Vermutungsregel sei hier nicht hinreichend widerlegt worden. Die Frau zog vor das Sozialgericht — und gewann.

Beweise gegen Betrug

Die Richter betonten, dass eine Gesamtschau im Einzelfall vorgenommen werden müsse. Und die falle hier für die Klägerin aus. Denn: Die Eheleute hatten sich schon drei Jahre vor der Eheschließung kennengelernt. Eine Hochzeit war schon konkret und ernsthaft beabsichtigt gewesen, verzögerte sich aber, weil Unterlagen ukrainischer Behörden für die Ehefrau fehlten. Als dem Mann überraschend Krebs in einem sehr fortgeschrittenen Stadium prognostiziert wurde, heirateten die beiden trotz geringer Lebenserwartung. Nur zwei Monate später verstarb der Mann.

Das Gericht sah dadurch die gesetzliche Vermutung als widerlegt an. Die Ehe sei bereits vor der Diagnose geplant worden, die Verzögerung lag nicht im Verschulden der Beteiligten, sondern in dem der Behörden.