Ehevertrag mit Ausländer
Sittenwidrig bei fehlenden Sprachkenntnissen?
Eheverträge halten unter Umständen einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Fehlende Sprachkenntnisse führen aber nicht immer zu einer Sittenwidrigkeit.
Wer beim Notar einen Ehevertrag in deutscher Sprache schließt, sollte auch über die notwendigen Sprachkenntnisse verfügen. Doch wie verhält es sich, wenn ein Ausländer vermeintlich fehlende Deutschkenntnisse bei der Beurkundung verschweigt? Über die Gültigkeit eines solchen Ehevertrags musste das Kammergericht Berlin entscheiden (KG Berlin, Beschluss vom 19. Juli 2024 - 16 UF 39/22).
Ehevertrag eines deutsch-thailändischen Paares
In dem Fall ging es um die Ehe eines Deutschen mit einer thailändischen Frau. Das Paar hatte sich 2009 in Thailand kennengelernt. 2010 zog die Frau mit ihrer Tochter aus einer früheren Beziehung zu dem Mann nach Deutschland. Kurz darauf heiratete das Paar. Am Tag vor der Eheschließung schlossen sie bei einem Notar in Berlin einen Ehevertrag. Die Frau hatte zu dem Zeitpunkt nur geringe Deutschkenntnisse (Sprachniveau A1), sodass bei der Beurkundung des Ehevertrags eine im Büro des Notars angestellte Fachangestellte als Dolmetscherin für die thailändische Sprache hinzugezogen wurde.
Der Ehevertrag enthielt unter anderem folgende Regelungen:
- Anwendung deutschen Rechts (Rechtswahl)
- Ausschluss des Zugewinnausgleichs für den Fall der Scheidung (modifizierte Zugewinngemeinschaft)
- Ausschluss des Versorgungsausgleichs für den Fall der Scheidung
- gegenseitiger Verzicht auf nachehelichen Unterhalt, mit Ausnahme des Betreuungsunterhalts hinsichtlich etwaiger gemeinschaftlicher Kinder
2011 brachte die Frau einen gemeinsamen Sohn zur Welt. Sie betreute das Kind und führte den gemeinsamen Haushalt - bis zur Trennung im Jahr 2019. Als die Ehe geschieden wurde, kam es zum Streit darüber, ob der Ehevertrag wegen Sittenwidrigkeit ungültig ist.
Behauptung fehlender Sprachkenntnisse für nicht zur Unwirksamkeit
Der Fall landete schließlich beim KG Berlin. Dort behauptete die Frau, sie habe der Beurkundungsverhandlung beim Abschluss des Ehevertrags nicht folgen können. Die Dolmetscherin habe die Niederschrift des Vertrags lediglich in thailändischer Amts- bzw. Standardsprache übersetzt. Sie selbst spreche aber nur den Dialekt aus ihrer Heimatprovinz in Thailand.
Das Gericht sah jedoch deutliche Hinweise dafür, dass die Frau durchaus der thailändischen Amtssprache mächtig ist. Auch hatte sich der Notar bei der Beurkundung selbst von den Sprachkenntnissen eine Überzeugung gebildet und das in der Urkunde vermerkt. Diese Feststellung zu den Sprachkenntnissen, so das KG, müsse die Frau gegen sich gelten lassen. “Gerade wenn ihre Erklärung gegenüber dem Notar, thailändisch zu verstehen, nicht richtig gewesen sein sollte, ist es ihr verwehrt, aus ihren unzutreffenden Angaben gegenüber dem Urkundsnotar eine Unwirksamkeit der Urkunde herzuleiten.” Warum jemand, der behauptet, der Verhandlung mangels Sprachkenntnissen nicht gefolgt haben zu können, hierauf weder den Notar noch den Dolmetscher aufmerksam macht, sondern gleichwohl den Ehevertrag unterzeichnet, war für die Berliner Richter nicht nachvollziehbar.
Das KG Berlin setzte sich in der Entscheidung inhaltlich auch kritisch mit dem modifizierten Zugewinnausgleich, und dem Ausschluss des Versorgungsausgleichs sowie des nachehelichen Unterhalts auseinander, hielt den Ehevertrag unterm Strich jedoch für wirksam.
Die Herausforderungen der internationalen Ehe
Immer mehr Ehen haben heute einen Auslandsbezug. Rechtlich weisen solche internationalen Eheschließungen einige Besonderheiten und Herausforderungen auf. Grundsätzlich ist es stets empfehlenswert, mit einem Ehevertrag für Klarheit zu sorgen - sowohl hinsichtlich des anwendbaren Ehe- bzw. Scheidungsrechts als zur Regelung der Scheidungsfolgen selbst.
Bei solchen Eheverträgen mit Auslandsbezug bzw. mit einem Ausländer dürfen natürlich nicht die Grenzen der Sittenwidrigkeit überschritten werden. Dabei spielen nicht nur die Sprachkenntnisse und die Umstände der Beurkundung eine Rolle. In vielen Ehen mit einem ausländischen Ehegatten ist dieser auch insoweit strukturell unterlegen, als er oft die deutsche Rechtsordnung nicht kennt und wirtschaftlich oft vom Ehepartner abhängig ist.
Video: Die Wirksamkeit des Ehevertrags
In diesem Video erklärt Rechtsanwalt Bernfried Rose, wann ein geschlossener Ehevertrag wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist bzw. wann ein Ehevertrag angefochten werden kann.