Ehegattenerbrecht bei Aussetzung des Scheidungsverfahrens
Berliner Testament schon mit Antragstellung unwirksam?
Streben getrennte Ehepaare nicht gerade eine einvernehmliche Scheidung an, dauern Scheidungsverfahren häufig recht lange. Gerade bei betagten Ehegatten kann es dann schon einmal vorkommen, dass einer von beiden die Beendigung der Ehe durch das Familiengericht nicht mehr erlebt, weil er verstirbt. In diesem Fällen stellt sich dann die Frage, ob der überlebende Erbe des Verstorbenen wird.
Regelungen für die gesetzliche und testamentarische Erbfolge
Ehegatten haben ein gesetzliches Erbrecht, welches mit Beendigung der Ehe durch Scheidung erlischt. Das Gleiche gilt für das testamentarische Erbrecht, wenn ein Ehegatte den anderen, insbesondere im Rahmen eines Ehegatten Testaments in Form eines sogenannten Berliner Testaments, zum Erben eingesetzt hat und später die Ehe geschieden wird.
Das Erbrecht des Ehegatten erlischt dabei nicht erst mit dem rechtskräftigen Scheidungsbeschluss, sondern bereits dann, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat.
Ehemann schreibt nach der Trennung ein neues Testament
Wie die Rechtslage ist, wenn das Scheidungsverfahren ausgesetzt wurde und einer der Ehegatten dann verstirbt, hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg im Jahr 2018 entschieden (OLG Oldenburg, Beschluss vom 26.09.2018, Az.: 3 W 71/18).
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die Eheleute gemeinsam ein Berliner Testament verfasst. Als sich das Paar später trennte, schrieb der Ehemann ein neues Testament zugunsten der gemeinsamen Adoptivtochter als Alleinerbin. Später stellte die Ehefrau einen Scheidungsantrag, dem der Ehemann zustimmte. Dennoch einigten sich die Eheleute darauf, das Scheidungsverfahren auszusetzen, um im Rahmen eines Mediationsverfahrens die Möglichkeiten der Aufrechterhaltung der Ehe noch einmal auszuloten. Kurz darauf verstarb der Ehemann und es kam zum Erb Streit zwischen der Ehefrau und der Adoptivtochter.
Berliner Testament unwirksam trotz Aussetzung des Scheidungsverfahrens
Der Streit landete vor dem OLG Oldenburg und wurde dort zugunsten der Adoptivtochter entschieden. Mit der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags und der Zustimmung des Ehegatten, so das OLG, sei das Ehegattentestament unwirksam geworden.
Daran ändere auch die Zustimmung zum Mediationsverfahren nichts. Gerade wenn die Ehegatten, wie im vorliegenden Fall, bereits mehrere Jahre getrennt gelebt hätten, müsse vielmehr klargestellt werden, dass die Ehe weiterhin Bestand haben solle. Allein die Vereinbarung eines Mediationsverfahrens könne die gesetzliche Vermutung hinsichtlich des Scheiterns der Ehe nicht entkräften.
Bei der Scheidung auch an das Erbrecht denken
Der Fall zeigt, dass bei Trennungen und Scheidungen stets auch das mögliche Ableben eines der Beteiligten berücksichtigt werden sollte. Wer hier kein Risiko eingehen will, hat die Möglichkeit, ein Berliner Testament mit Bindungswirkung nach einer Trennung einseitig zu widerrufen. Hierbei sind jedoch die strengen Formvorschriften des Widerrufs von Ehegattentestamenten zu beachten.
Als Kanzlei für wohlhabende Private Clients mit Fachanwälten für Familienrecht (Scheidungsanwälte) und Erbrecht bieten wir umfassende Beratung zur erbrechtlichen Nachfolge im Zusammenhang Trennungen und Scheidungen. Hierzu gehören auch sogenannte Geschiedenentestamente, die eine Partizipation des Ex-Gatten am Nachlass über den Umweg gemeinsamer Kinder weitestgehend ausschließen können.
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