Die Vorsorgevollmacht in Personengesellschaften
Lästig, aber wichtig!
Durch eine Vorsorgevollmacht wird eine vertraute Person bevollmächtigt, bei fehlender Handlungs- oder Entscheidungsfähigkeit, den Vollmachtgeber zu vertreten. Die Vollmacht kann sich sowohl auf finanzielle Angelegenheiten als auch auf persönliche Dinge, wie die medizinische Behandlung und die Aufenthaltsbestimmung, erstrecken.
Naturgemäß verdrängen viele Menschen dieses Krisenszenario und hoffen darauf, dass „es schon gut gehen wird“. Das tut es ja meist auch. Wenn aber nicht, sind die potentiellen Schäden groß: schließlich wird für den Geschäftsunfähigen (oftmals mit zeitlichem Verzug) ein Betreuer bestellt.
Betreuer in der Gesellschafterversammlung – Das kann gefährlich werden
Bei besonders wichtigen Sachverhalten benötigt der Betreuer sogar die Zustimmung des Betreuungsgerichts. Der Betreuer ist in der Regel für unternehmerische Entscheidungen nicht ausgebildet. So kann es dazu kommen, dass eine Gesellschaft, gerade wenn es einmal schnell gehen muss, nicht entscheidungsfähig ist.
Selbst wenn der Betreuer schnell bereitsteht, ist er doch eine vollkommen fremde Person ohne Bezug zum Unternehmen, die im Zweifel in der Gesellschafterversammlung risikoavers abstimmen wird, auch wenn dies unternehmerisch im Einzelfall geboten wäre.
Besser: durch Vorsorgevollmacht den Betreuer selbst auswählen
Dieses Albtraumszenario sollte die Sinne schärfen und den Anstoß geben, über eine Vorsorgevollmacht nachzudenken. Das Gesetz sagt, dass eine Betreuung nur dann angeordnet werden kann, wenn der Geschäftsunfähige nicht vorher selbst für den Fall der Geschäftsunfähigkeit einen Dritten mit der Wahrnehmung seiner Rechte beauftragt hat.
Der Gesellschafter kann also in guten Zeiten überlegen, wer für den Fall der Geschäftsunfähigkeit seine Rechte wahrnehmen soll. Er kann auch an mehrere Personen Vollmachten mit unterschiedlichen Regelungsbereichen (z.B. Vollmacht allein für gesellschaftsrechtliche Angelegenheiten).
Insbesondere auch bei Familiengesellschaften und im Bereich der Unternehmensnachfolge sollte jedenfalls die Seniorengeneration an den Einsatz von Vorsorgevollmachten denken. Natürlich ist die Gewährung einer Vollmacht nicht risikofrei. Bei allen möglichen rechtlichen Vorkehrungen bleibt es immer dabei, dass der Bevollmächtigte theoretisch die Vollmacht missbrauchen kann und potentiell irreparable Schäden anrichtet. Letztlich muss ein tiefes Vertrauen zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem bestehen.
Der Einsatz von Vorsorgevollmachten in Gesellschafterversammlungen – strittig!
Man könnte daran denken, im Gesellschaftsvertrag einer GbR, OHG oder KG zu vereinbaren, dass die Stimmrechte im Betreuungsfall ruhen. Ob dies rechtlich zulässig wäre, ist aber umstritten. Rechtlich sicherer ist es, ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag zu vereinbaren, dass aus dem Gesellschafterkreis/ dem Familienkreis ein Vorsorgebevollmächtigter ernannt werden darf – und natürlich auch, dass der Bevollmächtigte vor Eintritt des Betreuungsfalls ernannt wird!
Enthält der Gesellschaftsvertrag keine dahingehende Regelung, gilt im Grundsatz, dass der Bevollmächtigte das Stimmrecht des Vertretenen nur mit Zustimmung der Mitgesellschafter ausüben kann.
Was ist zu tun, wenn eine Vorsorgevollmacht zu treffen ist?
Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften sollten geprüft und ggf. angepasst werden, um eine Vertretung durch Vorsorgebevollmächtigte (ggf. nur von Berufs wegen zur Vertraulichkeit verpflichtete Personen) in der Gesellschafterversammlung zuzulassen. In Sachen Vollmacht ist der sicherste Weg, die Vollmacht notariell beurkunden, zumindest aber notariell beglaubigen zu lassen.
Die Beurkundung hat den Vorteil, dass der Notar als Kontrollinstanz eingeschaltet ist und der Notar auch weitere Ausfertigungen der Originalurkunde ausfertigen kann, sollte eine Ausfertigung verloren gehen. Der Vollmachtgeber kann die Vollmacht ganz individuell abfassen. Er kann auch mehrere Personen für unterschiedliche Aspekte bevollmächtigen und so das Missbrauchsrisiko streuen.