VSOP, Vesting & Bad Leaver – die neuen Spielregeln
Was Startups jetzt wissen müssen
Startups setzen auf Mitarbeiterbeteiligungen, um Talente zu gewinnen und an sich zu binden. Das BAG hat in einem aktuellen Urteil vom 19.03.2025 die rechtlichen Spielregeln verändert.
VSOPs sind aus der Startup-Welt nicht mehr wegzudenken. Gerade junge Unternehmen können häufig keine marktüblichen Gehälter zahlen, wollen aber dennoch attraktive Talente finden und binden. VSOPs stellen ein Beteiligungsformat dar, das aus dem US-amerikanischen Raum in Europa und Deutschland übernommen wurde. Die VSOPs versprechen den beteiligten Mitarbeitern ein Upside im Fall eines finanziell lukrativen Exits.
Bedeutung der VSOPs für junge Unternehmen
VSOP steht für „Virtual Stock Option Plan“ und lässt sich im Deutschen als virtuelle Mitarbeiterbeteiligung übersetzen. Die Idee: Mitarbeitende erhalten keine echten GmbH-Geschäftsanteile, sondern virtuelle Anteile ohne Bezug zum Stammkapital. VSOPs gewähren den bezugsberechtigten Mitarbeitern einen vertraglichen Anspruch – etwa einen Anteil am Verkaufserlös beim Exit des Startups.
Im Gegensatz zu echten Aktien oder GmbH-Geschäftsanteilen ist mit VSOP keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung verbunden. Der Mitarbeitende bleibt außen vor, wenn es um wichtige Entscheidungen in der Gesellschafterversammlung geht. Er profitiert aber finanziell, wenn das Unternehmen erfolgreich verkauft wird oder an die Börse geht.
VSOPs unterliegen einem Vesting
Das vertraglich vereinbarte Vesting beschreibt einen Mechanismus, durch den die virtuellen Anteile von den Mitarbeitern nach und nach „verdient“ werden – meist über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Beispiel: Pro Jahr wird ein Viertel der zugesagten Anteile „gevestet“. Nur wer langfristig im Unternehmen bleibt, profitiert also vollständig von der virtuellen Beteiligung.
Damit wollen Startups sicherstellen, dass ihre Leistungsträger nicht nach kurzer Zeit abspringen, sondern sich über längere Zeiträume für den Unternehmenserfolg engagieren.
Bad Leaver-Mechanismus
Damit Mitarbeitender nicht vor dem Exit ausscheiden, werden sogenannte Bad Leaver-Klauseln in die Beteiligungspläne hineingeschrieben. Diese Bad Leaver-Regelungen sehen vor, dass Mitarbeitende ihre bereits gevesteten Anteile verlieren, wenn sie selbst kündigen oder „schuldhaft“ gekündigt werden – also etwa bei Pflichtverletzungen oder illoyalem Verhalten. Ziel der Bad Leaver-Klauseln ist es, Mitarbeitende langfristig zu binden und unerwünschte Abgänge zu sanktionieren.
Es war nach der Meinung vieler Wirtschaftsrechtsanwälte nur eine Frage der Zeit, bis die Gerichte sich gegen diese Vertragspraxis stellen.
BAG stellt neue Spielregeln für VSOPs auf
Mit Urteil vom 19.03.2025 (Az. 10 AZR 67/24) hat das BAG nun eine klare Grenze für die Verwendung von Bad Leaver-Klauseln in VSOPs-Plänen gezogen. Mit der neuen BAG-Entscheidung wird der vollständige Entzug von verdienten Beteiligungen erschwert. Die wesentlichen Entscheidungsaspekte des BAG lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Gevestete virtuelle Anteile sind Teil der Vergütung für geleistete Arbeit – und keine rein betriebstreueabhängige Sonderleistung.
- Die VSOP-Regelungen stellen AGB dar, die der strengen Inhaltskontrolle unterfallen.
- Eine Klausel, die den vollständigen Verfall solcher Anteile bei Kündigung vorsieht, ist unwirksam. Sie benachteiligt Arbeitnehmende unangemessen und widerspricht dem Grundsatz aus § 611a Abs. 2 BGB, wonach Arbeitsvergütung für erbrachte Leistung zu zahlen ist.
- Sogar gestaffelte Verfallsregelungen (etwa beschleunigter Verfall nach Kündigung) hält das Gericht für unangemessen.
Was bedeutet das für die Startups?
Unternehmen sollten ihre bestehenden VSOP-Verträge dringend prüfen. Unwirksame Bad Leaver-Klauseln könnten dazu führen, dass ausgeschiedene Mitarbeitende alle gevesteten Rechte behalten – selbst im Fall einer Eigenkündigung.
Aber auch neu entworfene VSOP-Regelungen müssen zwingend die rechtlichen Vorgaben des BAG transparent, fair und rechtskonform berücksichtigen. Differenzierungen zwischen „Good“ und „Bad Leaver“ sind zwar weiterhin möglich – aber nur, solange sie nicht die berechtigten Interessen der Mitarbeitenden verletzen.
Das BAG stärkt mit seiner neuen Entscheidung die Rechte der Arbeitnehmer und setzt Startups unter Handlungsdruck. Wer weiterhin auf virtuelle Beteiligungen setzt, sollte neben den wirtschaftlichen Chancen jetzt auch die rechtlichen Downsides genau im Blick behalten.