Polnisches Erbrecht, Erbschaft in Polen
Die intensiven Beziehungen zwischen Deutschland und Polen führen dazu, dass immer mehr Menschen Ihren Lebensmittelpunkt von einem Land in das andere verlegen, Vermögen im Nachbarstaat erwerben oder in anderer Weise dauerhaft grenzüberschreitend aktiv sind. Deutsch-polnische Erbfälle, bei denen Beteiligte in Polen leben, die polnische Staatsangehörigkeit haben oder sich der Nachlass ganz oder zum Teil in Polen befindet, gewinnen damit zunehmend an Bedeutung.
Themen dieses Beitrags
Ihr Rechtsanwalt für polnisches Erbrecht
Alle Mandate mit Bezug zum polnischen Erbrecht werden von unserem Kooperationspartner Rechtsanwalt Lukasz Koterba von der Kanzlei RMS Mianowski Sawicki in Warschau betreut. Er ist ausgewiesener Experte im deutsch-polnischen Rechtsverkehr, spezialisiert auf das Erbrecht und Familienrecht und berät in deutscher und polnischer Sprache. Ein ausführliches Portrait finden Sie hier: Rechtsanwalt Lukasz Koterba
Bitte richten Sie alle Mandatsanfragen direkt per E-Mail an:
Lukasz Koterba
-
Kanzlei RMS Mianowski Sawicki
-
E-Mail: lkoterba@rmslegal.com.pl
-
Telefon (Deutschland): 0178 81 79 168
-
Telefon (Polen): +48 792 805 896
Erstberatung zum Pauschalpreis
Unsere Kooperationspartner in Polen bieten Ihnen eine Erstberatung zum festen Preis von 233,70 Euro (190 Euro netto + 23% USt). Das Beratungsgespräch kann sowohl per Telefon, Videocall als auch vor Ort wahrgenommen werden. In der Beratung erhalten Sie eine rechtliche Einschätzung und Empfehlungen für das weitere Vorgehen. Sollte eine weitere Beratung oder Vertretung erforderlich sein, können Sie die Konditionen dafür ebenfalls im Rahmen des Erstgesprächs besprechen. Ihre Kontaktaufnahme mit der Schilderung Ihres Anliegens im Vorfeld der Beratung ist selbstverständlich kostenlos.
Anwaltliche Leistungen im polnischen Erbrecht
Zu den Dienstleistungen im polnischen Erbrecht gehören unter anderem die folgenden Beratungsfelder:
- Planung und Gestaltung der Erbfolge durch Testamente
- Abwicklung von Erbfällen in Polen
- Durchführung von Nachlassverfahren in Polen
- Vertretung von Erben, Pflichtteilsberechtigten, Testamentsvollstreckern und anderen Erbfall-Beteiligten
- Planung und Abwicklung deutsch-polnischer Unternehmensnachfolgen
1. Anwendbares Erbrecht im deutsch-polnischen Erbfall, EU-Erbrechtsverordnung
Bei allen Erbfällen mit Auslandsbezug, in denen Erblasser, Erben oder Vermögenswerte im Ausland liegen, stellt sich zunächst die Frage nach dem anwendbaren Erbrecht. Dies ist (seit dem 17. August 2015) in der EU-Erbrechtsverordnung geregelt, die sowohl in Deutschland als auch in Polen gilt. Diese stellt auf den letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers ab.
Deutschland lebende Polen werden folglich nicht nach polnischem Erbrecht, sondern nach deutschem Erbrecht beerbt. Entsprechendes gilt für in Polen lebende Deutsche. Praktische Relevanz hat dies vor allem bei Deutschen, die erst im hohen Alter nach Polen ziehen, um dort in einem Pflegeheim bzw. Seniorenheim zu wohnen.
Vor diesem Hintergrund sollten Betroffene unbedingt eine Beratung bei einem spezialisierten Rechtsanwalt vornehmen, der die Auswirkungen im konkreten Fall einschätzen und gegebenenfalls durch die Vereinbarung einer Rechtswahl im Testament gestaltend eingreifen kann.
Vor Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung stellten übrigens sowohl Polen als auch Deutschland bei der Frage nach dem einschlägigen Erbrecht auf das Heimatland des Erblassers - also dessen Staatsangehörigkeit - ab. War der Erblasser Deutscher, galt deutsches Erbrecht, wurde ein Pole beerbt, griff polnisches Erbrecht.
2. Gesetzliche Erbfolge in Polen
Die gesetzliche Erbfolge in Polen kennt (seit 2009) die folgenden fünf Erbordnungen:
- überlebender Ehegatte und Abkömmling
- überlebender Ehegatte und Eltern, Geschwister sowie deren Abkömmlinge
- Großeltern und deren Abkömmlinge
- Kinder des verstorbenen Ehegatten (Stiefkinder), wenn deren beide Eltern verstorben sind
- der Staat.
Auch in Polen bedenkt also die gesetzliche Erbfolge zunächst Ehegatten und Kinder. Sie erben grundsätzlich zu gleichen Teilen, wobei der dem Ehegatten zufallende Erbteil mindestens 1/4 der Erbschaft ausmachen muss. Für Ehegatten regelt das polnische Erbrecht noch eine Reihe von Sondervorschriften, z.B. im Fall der Separation (gesetzliche Trennung von Tisch und Bett).
3. Testamente im polnischen Erbrecht
Durch ein Testament kann die gesetzliche Erbfolge abbedungen werden. Hinsichtlich der Wirksamkeit von letztwilligen Verfügungen stellt das polnische Erbrecht folgende Anforderungen:
- Ein Testament kann sowohl eigenhändig (handschriftlich) oder vor einem Notar errichtet werden.
- Das Testament muss persönlich errichtet werden, sodass eine Vertretung nicht möglich ist.
- Wer in Polen ein Testament errichten will, muss volljährig und testierfähig sein. Bei der Beurkundung muss sich der Notar von der Testierfähigkeit überzeugen und gegebenenfalls ein ärztliches Attest einholen.
- Beeinflussen Irrtümer oder Drohungen die Testamentserrichtung, kann diese unwirksam sein.
- Eine letztwillige Verfügung in Form eines Erbvertrags oder eines gemeinschaftlichen Testaments mit Bindungswirkung ist in Polen nicht zulässig.
Inhaltlich kann der Erblasser im Testament Erben (und Ersatzerben) einsetzen, Vermächtnisse und Auflagen anordnen oder auch einen Testamentsvollstrecker bestimmen. Da in Polen keine letztwilligen Verfügungen mit Bindungswirkung (Erbvertrag, Ehegattentestament) errichtet werden können, können alle Testamente jederzeit problemlos widerrufen werden.
4. Enterbung & Pflichtteil
Mit einem Testament ist auch eine Enterbung gesetzlicher Erben möglich. Die Testierfreiheit des Erblassers wird aber auch in Polen faktisch durch das Pflichtteilsrecht eingeschränkt. Ein Pflichtteil steht Abkömmlingen, Ehegatten und Eltern (falls diese gesetzlich erben würden) zu. Wie in Deutschland ist auch in Polen der Pflichtteil kein verminderter Erbteil, sondern ein schuldrechtlicher Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages. Der Wert des Pflichtteils beträgt dabei die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Bei der Ermittlung des für die Berechnung des Pflichtteils relevanten Nachlasses werden auch bestimmte Schenkungen mitberücksichtigt.
Die Verjährung des Pflichtteils tritt in Polen fünf Jahre nach der Testamentseröffnung ein.
5. Abwicklung eines Erbfalls in Polen
Das polnische Nachlassverfahren liegt beim Amtsgericht des letzten Wohnsitzes des Erblassers in Polen oder - wenn kein polnischer Wohnsitz ermittelbar - beim Amtsgerichts des Ortes, an dem sich das Nachlassvermögen befindet. Hilfsweise liegt die Zuständigkeit beim Amtsgericht Warschau.
Auch das polnische Erbrecht kennt einen Erbschein als Legitimationspapier der Erben. Bei unstrittiger Erbfolge kann der Erbschein nicht nur vom Nachlassgericht, sondern auch von einem Notar ausgestellt werden. Der Erbschein ist ordnungsgemäß zu beantragen und die übrigen Beteiligten anzuhören. Die Erbfolge wird von Amts wegen geprüft. Deutsche Erben können zwar grundsätzlich die Anerkennung eines deutschen Erbscheins beantragen, dies ist aber z.B. für die Übertragung von Grundstücken auf die Erben nicht ausreichend.
Weitere wichtige Punkte der Nachlassabwicklung und des Nachlassverfahrens in Polen sind die Annahme bzw. Ausschlagung des Erbes und die Testamentseröffnung. Auch nach polnischem Erbrecht besteht eine Pflicht zur Ablieferung von Testementen im Erbfall. Komplexe Rechtsfragen können sich im Zusammenhang mit Erbengemeinschaften (Nachlassgütergemeinschaft) oder auch bei der Haftung der Erben für Verbindlichkeiten ergeben. Hier wird die Einschaltung eines Rechtsanwalts für polnisches Erbrecht dringend empfohlen. Verstirbt ein Deutscher mit Vermögen in Polen ist auch das deutsche Generalkonsulat in Polen eine Anlaufstelle.
Auch bei der Nachlassabwicklung hat die europäische Erbrechtsverordnung 2015 zahlreiche Neuerungen gebracht. Inzwischen gibt es das Europäische Nachlasszeugnis, das sowohl in Polen als auch in Deutschland Geltung hat.
6. Das Europäische Nachlassszeugnis in Polen
Mit der EU-Erbrechtsverordnung wurde auch das Europäische Nachlasszeugnis eingeführt. Ausgestellt wird es von der für das Erbscheinsverfahren zuständigen Behörde ausgestellt, damit sich der Erbe im europäischen Ausland als Erbe legitimieren kann.
In Polen sind sowohl das Nachlassgericht als auch die Notare für die Erteilung des Europäischen Nachlasszeugnisses zuständig. Im gerichtlichen Erteilungsverfahren muss ein Erbe eine vereidigte Bestätigung des Sachverhalts abgeben, was gegebenenfalls im Rahmen der Amtshilfe vor einem ausländischen (deutschen) Gericht erfolgen kann.
7. Erwerb polnischer Immobilien durch Erbschaft
Der Erwerb von Immobilien in Polen durch Ausländer ist grundsätzlich nur mit einer behördlichen Genehmigung möglich (Art. 1 Absatz 1 EAGA). Für Deutsche und Angehörige anderer EU-Staaten gibt es jedoch Ausnahmen.
Genehmigungsfrei ist der Erwerb von Immobilien durch eine Erbschaft, wenn der Erwerber zum Kreis der gesetzlichen Erben des Verstorbenen zählt. Genehmigungsbedürftig ist damit insbesondere die Erbschaft einer Immobilie durch einen Nicht-EU-Ausländer, der nicht zu den gesetzlichen Erben gehört und durch Testament eingesetzt wurde. In diesen Fällen hat der Erwerber zwei Jahre Zeit, die Genehmigung beim polnischen Innenministerium zu beantragen.
8. Erbschaftsteuer in Polen
Erbschaften (und Schenkungen) unterliegen in Polen der Besteuerung. Steuerpflichtig sind Erben, Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigte,
- In Polen belegenes durch Erbschaft erworbenes Vermögen unterliegt stets der polnischen Erbschaftsteuer
- Ausländisches bewegliches Vermögen müssen nur Erwerber versteuern, die entweder polnische Staatsangehörige sind oder aber ihren Wohnsitz in Polen haben. Hinsichtlich des Wohnsitzes gilt die "183-Tage-Regelung".
Die Steuerklassen und damit die Steuertarife bestimmen sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erblasser und Erbe. Das polnische Erbschaftsteuerrecht kennt eine Reihe von (sachlichen) Steuerbefreiungen. Bei der Festsetzung der Steuer wird der (vom Erben zu ermittelnde) tatsächliche Verkehrswert der Nachlasswerte angesetzt und etwaige Verbindlichkeiten abgezogen.
9. FAQ Erbrecht Polen
Schnelle Antworten auf häufige Fragen
Gibt es Fachanwälte für polnisches Erbrecht?
Deutsche Rechtsanwaltskammern vergeben auf Antrag die Bezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht". Hierfür sind jedoch nur theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen im deutschen Erbrecht nachzuweisen. Die Beratung im polnischen Erbrecht erfolgt dagegen regelmäßig durch in Polen ausgebildete und zugelassene Rechtsanwälte.
Wer erbt nach polnischem Recht?
Die gesetzliche Erbfolge in Polen kennt fünf Erbordnungen. Vorrangig erben Ehegatten und Kinder. Die Erbfolge kann aber durch ein Testament geändert werden.
Gilt ein Berliner Testament in Polen?
Das polnische Erbrecht kennt keine Ehegattentestamente mit Bindungswirkung. Daher kann ein Berliner Testament nach polnischem Recht nicht errichtet werden.