Werbung als „Psychologe“ nur mit abgeschlossenem Hochschulstudium
OLG Schleswig zum "Hochschul-Zertifikat" im Werberecht
OLG Schleswig zum "Hochschul-Zertifikat" im Werberecht
Ein Gastbeitrag von Desiree Szitnick
Die Werbung für eine Ausbildung zur Erlangung eines „Hochschul-Zertifikats“ mit dem Titel eines Betriebs-, Organisations- oder Kommunikationspsychologen (FH) hat das OLG Schleswig mit seinem Urteil vom 21.07.2016 für irreführend erklärt.
Psychologen klagen gegen Bildungseinrichtung
Bei dem Kläger handelte es sich um einen aus Psychologen bestehender Verein zur Förderung beruflicher Interessen. Die Klage richtete sich gegen eine Einrichtung, die eine 1-jährige berufsbegleitende Weiterbildung zum Betriebs-, -Organisations oder Kommunikationspsychologen (FH) anbietet. Die Absolventen erhielten nach Abschluss der Weiterbildung ein „Hochschulzertifikat“. Der Vorwurf des Klägers richtet sich gegen die Werbung des Beklagten, die nach Meinung des Klägers den Anschein erwecke, Absolventen dürften die Bezeichnung als „Psychologe“ auch ohne vorheriges Psychologie-Studium tragen. Der Verein klagte zunächst erfolgreich auf Unterlassung der Werbung vor dem Landegericht Lübeck. Die Beklagte legte Berufung vor dem OLG Schleswig ein, welches nun erneut über die Zulässigkeit der Werbung entscheiden musste.
OLG Schleswig schützt Berufsbezeichnung „Psychologe“
Das OLG wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte damit die Entscheidung des Landgerichts. Die Beklagte muss es unterlassen, mit den streitgegenständlichen Berufsbezeichnungen zu werben, wenn eine entsprechende Weiterbildung nicht auf ein erfolgreich absolviertes Psychologiestudium der Teilnehmer beruht. Weiter darf die Beklagte auch nicht mit dem Erwerb eines „Hochschulzertifikats“ werben, wenn nicht auch hier ein vorheriges Studium absolviert wurde. Zusammenfassend darf die Beklagte also keine Lehrgänge anbieten, nach dessen Abschluss sich die Teilnehmer „-Psychologe“ nennen dürfen.
Irreführende Werbung mit Zertifikat
Das Gericht erklärte die Werbung der Beklagten als irreführend und damit unzulässig Die irreführende Wirkung einer Werbung beurteilt sich nach dem angesprochenen Personenkreises. Das Gericht führt zu diesem Punkt aus, dass es sich bei dem in diesem Fall getäuschten Personenkreis nicht um die Teilnehmer einer solchen Weiterbildung handeln kann. Diese könnten aus weiteren Darstellungen der Beklagten leicht erkennen, dass es sich bei dem Zertifikat nicht um die Erlangung eines akademischen Abschluss handelt. Allerdings trifft dies nicht auf die späteren Klienten der Absolventen zu.
Nach Meinung des Gerichtes haben sie keinen Anlass zur Annahme, der Titel beruhe nicht auf einer bei einer Hochschule absolvierten Weiterbildung. Ein erheblicher Teil der Verbraucher werde bei einem Psychologen jeglicher Art auch ein entsprechendes Studium erwarten. Gerade der Zusatz (FH) sei nicht geeignet, eine Irreführung zu verhindern, sondern verstärkt diesen noch.
Wettbewerbsrechtliche Verantwortung der Beklagten Bildungseinrichtung
Nach Maßgabe des Gerichtes ist die Beklagte auch für die Irreführung beim Verbraucher wettbewerbsrechtlich verantwortlich. Zwar entstehe der Irrtum beim Verbraucher erst durch den Gebrauch der Berufsbezeichnung durch die Absolventen aber die Beklagte werbe gerade mit der Erlangung dieses Zertifikats. Täter einer wettbewerbswidrigen Handlung ist, wer durch sein Handeln die ernsthafte Gefahr begründet, dass Interessen von Marktteilnehmern verletzt werden. Demnach haftet die Beklagte täterschaftlich für den Gebrauch von Zertifikat und Titel durch ihre Lehrgangsabsolventen.
Beeinträchtigung anderer Marktteilnehmer
Die Berufsbezeichnung eines Anbieters ist geeignet einen Verbraucher zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte (§ 5 I Satz 1 UWG n.F.) Dadurch werden die Interessen anderer Marktteilnehmer spürbar beeinträchtigt (§ 3 I UWG a.F.). Ein Verbraucher, der erwartet, dass der Titelträger eine Weiterbildung auf Grundlage eines Psychologie-Studiums besitzt, geht auch von einem erhöhten Fachwissen aus. Bei der Wahl zwischen ein Nichtstudieren und einem vermeintlich Studierten wird sich ein Verbraucher im Zweifel für letzteren entscheiden.
Auch „Tierpsychologen“ müssen studiert haben
Ähnliches hatte bereits 2007 das OLG Hamm entschieden. Auch ein „Diplom-Tierpsychologe“ darf sich erst nach abgeschlossener akademischer Ausbildung als solcher bezeichnen. Eine an Hundehalter gerichtete Werbung mit dieser Bezeichnung ist also irreführend, wenn ein entsprechender Abschluss nicht nachgewiesen werden kann. Insoweit stehen sich Mensch und Tier im Werberecht also gleich.
Informationen zum Werberecht der Ärzte und Heilberufe finden Sie hier: Werberecht Ärzte
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