Wer erbt den Instagram-Account?
Kampf gegen das digitale Fegefeuer
Die Abwicklung des Erbfalls betrifft immer mehr auch die digitale Welt. Eine aktuelle Entscheidung des OLG Oldenburg stärkt die Stellung der Erben.
Verstirbt eine Instagram-Nutzer, landet sein Account im sogenannten Gedenkzustand. Das Profil bleibt dann sichtbar, kann aber nicht mehr genutzt werden. Weil die Erbin eines verstorbenen Sängers das nicht akzeptierte, landete diese Praxis vor dem Oberlandesgericht Oldenburg. Dieses entschied, dass Erben vollen Zugriff auf das Instagram-Konto bekommen müssen (OLG Oldenburg, Urteil vom 30. Dezember 2024, Az. 13 U 116/23).
“In Erinnerung an…”
Auf Instagram ist man insoweit unsterblich, als dass das Social Media-Portal die Profile verstorbener Nutzer nicht löscht, sondern in einen Gedenkzustand versetzt. Dazu der Meta-Konzern: “Konten, die in den Gedenkzustand versetzt wurden, sollen zum Gedenken an das Leben einer verstorbenen Person dienen … Sobald es sich im Gedenkzustand befindet, ist das Konto gesperrt und niemand kann Änderungen an den bestehenden Beiträgen oder Informationen vornehmen.” Kenntlich gemacht wird dieses digitale Fegefeuer durch den Zusatz “In Erinnerung an” beim Profilnamen.
Gegen diese Vorgehensweise wehrte sich die alleinerbende Ehefrau des verstorbenen Sängers Alphonso Williams. Als DSDS-Sieger war dieser sicher auch auf Instagram kein Unbekannter. Jedenfalls fand die Ehefrau es erstrebenswert, sein Profil nach seinem Tod weiter zu nutzen. Das funktionierte allerdings nur, bis Instagram vom Ableben erfuhr und den Account in den Gedenkzustand versetzte.
Lesezugriff reicht nicht aus
Die Sache landete zunächst vor dem Landgericht Oldenburg, das der Erbin lediglich einen Zugriff mit Leserechten zugestand, ihr aber den vollen aktiven Zugriff verwehrte. So wurde das OLG Oldenburg in nächster Instanz bemüht. Und hier setzte sich die erbende Ehefrau tatsächlich auch mit Ihrer Forderung nach dem vollständigen uneingeschränkten Zugriff durch.
Begründet wurde die Entscheidung mit der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB, also der zentralen Norm des Erbrechts. Weil die Erbin daher in alle Rechte und Pflichten des Erblassers eingetreten sei, dürfe es auch hinsichtlich der Nutzung des Instagram-Kontos keine Einschränkungen geben. Metas Einwände, dass es sich bei den zu erbringenden Leistungen um höchstpersönliche Dienste handele und man sich im Übrigen im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH sehe, beeindruckten die Oldenburger Richter nicht.
Es bleibt spannend
Die Entscheidung des OLG wird nicht die letzte zum Erbrecht im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken im Internet gewesen sein. Es spricht einiges dafür, dass die Rechtsprechung hier mehr den rechtlichen Rahmen abstecken wird als der Gesetzgeber.
Das Thema “digitaler Nachlass” wird künftig im Social Media-Recht und Erbrecht an Bedeutung gewinnen. Schließlich kommen die Nutzer erst langsam in das Alter, in dem man typischerweise verstirbt. So sind bei Instagram zum Beispiel erst weniger als 3 Prozent der Nutzer älter als 65 Jahre. Vor allem kann man damit rechnen, dass die “Digital Natives” sich aktiv um den Verbleib Ihrer Online-Profile Gedanken machen und hierfür Regelungen im Testament treffen werden.
Video: Erbschaft abwickeln
Rechtsanwalt Bernfried Rose erklärt in diesem Video, welche Rechte und Pflichten Erben bei der Abwicklung einer Erbschaft haben.