Verschärfung der Wegzugsbesteuerung

Das ändert sich in Deutschland ab 2025

Wer aus Deutschland ins Ausland auswandern möchte, muss sich darauf einstellen, mit Wegzugsteuer belastet zu werden. Was sich im nächsten Jahr dabei ändert, erfahren Sie hier.

Veröffentlicht am: 06.11.2024
Qualifikation: Steuerberater in Hamburg
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Die Wegzugsbesteuerung stellt eine signifikante Hürde für Personen dar, die beabsichtigen, ihren Wohnsitz dauerhaft ins Ausland zu verlegen. Ziel dieser Besteuerung ist es, den in Deutschland entstandenen Wertzuwachs von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Fall eines Wegzugs zu erfassen und zu besteuern. Aktuell regeln die §§ 6 Außensteuergesetz (AStG) und 17 Einkommensteuergesetz (EStG) die relevanten Bestimmungen. Ab dem 1. Januar 2025 sind jedoch wesentliche Verschärfungen geplant, die weitreichende Auswirkungen auf Steuerpflichtige haben werden. In diesem Artikel geben wir Ihnen einen Überblick über die geltenden Regelungen und die bevorstehenden Änderungen.

Aktuelle Regelungen der Wegzugsbesteuerung

Gemäß § 17 EStG wird bei einer wesentlichen Beteiligung (mindestens 1 %) an einer Kapitalgesellschaft eine Steuer auf den Veräußerungsgewinn fällig, wenn der Wohnsitz ins Ausland verlegt wird. Hierbei wird fingiert, dass die Anteile veräußert worden sind, um den Gewinn noch in Deutschland zu besteuern.

Das AStG (§ 6) sieht für Wegzüge innerhalb der EU oder des EWR besondere Stundungsmöglichkeiten vor. Bislang konnten Steuerpflichtige die Wegzugsbesteuerung stunden, sodass die Steuerlast erst bei tatsächlicher Veräußerung der Anteile fällig wurde. Bei einer Rückkehr nach Deutschland innerhalb von sieben Jahren konnte die Steuerpflicht sogar entfallen.

Geplante Änderungen ab 2025

Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024, konkretisiert in der Bundestagsdrucksache 20/13419, plant der Gesetzgeber signifikante Verschärfungen der Wegzugsbesteuerung. Hierbei steht folgender Aspekt im Mittelpunkt: Die Änderung des § 19 Abs. 3 InvStG. Dieser betrifft die geplanten Anpassungen des § 19 Abs. 3 InvStG, welche die steuerliche Behandlung bestimmter Investmenterträge für Wegziehende verschärfen. Die Änderung sieht vor, dass künftig auch Erträge aus bestimmten Investmentfonds direkt der Wegzugsbesteuerung unterliegen, wenn der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz ins Ausland verlagert. 

Zusammenfassung der Änderung des § 19 Abs. 3 InvStG im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024:

Die Änderung des § 19 Abs. 3 InvStG erweitert die Regelungen zur Wegzugsbesteuerung auf Anteile an Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds. Ziel ist es, bisher bestehende Besteuerungslücken zu schließen, die es Anlegern ermöglichten, durch Einlage von Beteiligungen in Fonds die Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG zu umgehen. Insbesondere durch grenzüberschreitende Steuergestaltungen wurde sichtbar, dass Beteiligungen an jungen Unternehmen häufig in Investmentfonds eingelegt wurden, um bei einem späteren Wegzug ins Ausland die Besteuerung von Wertsteigerungen zu vermeiden.

Mit der neuen Regelung wird nun sichergestellt, dass stille Reserven sowohl bei inländischen als auch bei ausländischen Fonds besteuert werden, wenn der Steuerpflichtige ins Ausland wegzieht. Die Vorschrift orientiert sich weitgehend an § 6 AStG und stellt sicher, dass eine fiktive Veräußerung der Investmentanteile angenommen wird, wenn das deutsche Besteuerungsrecht durch einen Wegzug eingeschränkt wird. Die Änderung betrifft jedoch nur private Vermögenswerte; Investmentanteile im Betriebsvermögen sind bereits durch andere Entstrickungsregelungen abgedeckt (§ 4 EStG und § 12 KStG).

Diese Neuregelung dient der Gestaltungsprävention und schließt eine Umgehungsmöglichkeit, die bislang durch Fondsstrukturen genutzt wurde, um die Wegzugsbesteuerung zu vermeiden.

Kritische Anmerkungen zur EU-Rechtswidrigkeit

Die geplanten Verschärfungen der Wegzugsbesteuerung werfen ernsthafte Fragen zur Vereinbarkeit mit dem EU-Recht auf. Nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere Art. 21 und Art. 45 AEUV, genießen EU-Bürger das Recht auf Freizügigkeit. Das bedeutet, dass sie ihren Wohnsitz und Arbeitsplatz frei innerhalb der EU/EWR verlegen dürfen, ohne durch nationale Steuervorschriften diskriminiert oder benachteiligt zu werden. Auch das Freizügigkeitsabkommen mit der Schweiz garantiert ähnliche Rechte. Kritiker befürchten, dass die Änderungen gegen diese Prinzipien verstoßen könnten.

Das EuGH-Urteil im Fall Wächter (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2019, C-581/17) hat bereits deutlich gemacht, dass eine solche Besteuerung als potenziell diskriminierend angesehen werden kann, wenn sie die Freizügigkeit unverhältnismäßig beschränkt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner Rechtsprechung ebenfalls angedeutet, dass die deutsche Wegzugsbesteuerung den europäischen Grundfreiheiten Rechnung tragen muss. Es bleibt abzuwarten, ob diese Verschärfungen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Bestand haben werden, was eine sorgfältige Beobachtung der Entwicklungen erforderlich macht.

Fazit und Ausblick zur Wegzugbesteuerung ab 2025

Die Reform der Wegzugsbesteuerung wird die steuerliche Belastung für Personen, die ins Ausland ziehen möchten, erhöhen. Für international tätige Unternehmer und Anleger ist eine proaktive Steuerplanung unerlässlich, um unangenehme steuerliche Überraschungen zu vermeiden. Wer einen Wegzug plant, sollte sich frühzeitig mit den bevorstehenden Änderungen und ihren möglichen steuerlichen Konsequenzen auseinandersetzen und professionelle Beratung in Anspruch nehmen.

Für Rückfragen und individuelle Beratung stehen Ihnen unsere Steuerexperten jederzeit zur Verfügung.

Weitere Informationen rund um das Thema Steuern beim Wegzug aus Deutschland finden Sie hier: Steuern beim Wegzug ins Ausland