Steuerliche Nachteile der Vor- und Nacherbschaft
Beim Testament an die Erbschaftsteuer denken
Bei einer sorgfältigen Nachfolgeplanung wird regelmäßig auch die Vor- und Nacherbschaft thematisiert. Der Vorteil einer solchen Regelung ist Erblasser, dass sie über ihr Vermögen über zwei Generationen verfügen und den Vorerben gewisse Beschränkungen aufbürden, um den Vermögensstamm für den Nacherben zu erhalten. Nachteilig ist dagegen nicht nur für den Vorerben, dass sein Gestaltungsspielraum eingeschränkt ist – auch wenn er als „befreiter“ Vorerben eingesetzt ist. Zudem ist die Vor- und Nacherbschaft bei der Erbschaftssteuer häufig nachteilig. So auch in einem vom Finanzgericht München entschiedenen Fall (Urteil vom 20.11.2019, Aktenzeichen 4 K 519/18).
Doppelte Vorerbschaft
Die Erblasserin wurde von ihren Eltern jeweils als Vorerbin eingesetzt. Die Nacherbfolge trat mit dem Tod der Vorerbin ein. Nacherben waren die Kinder der Erblasserin, die auch gleichzeitig gesetzliche Erben der Erblasserin geworden sind. Der eingesetzte Testamentsvollstrecker beantragte nach § 6 Absatz 2 Satz 2 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG), dass die Besteuerung im Verhältnis der Nacherben zu den ursprünglichen Erblassern, also zur Großelterngeneration, erfolgt.
Einfacher Freibetrag
Das zuständige Finanzamt legte für die Erben jeweils einen persönlichen Freibetrag von jeweils EUR 400.000,00 zugrunde. Insoweit profitierten die Erben von der Regelung in § 15 ErbStG, wonach auch bei einer Erbschaft nach den Großeltern der Freibetrag von EUR 400.000,00 (und nicht EUR 200.000,00) gewährt wird, wenn die Elterngeneration im Zeitpunkt der Erbschaft bereits verstorben ist.
Die Erben gaben sich damit jedoch nicht zufrieden. Sie wollten jeweils den Freibetrag zweifach geltend machen. Sie argumentierten damit, dass es sich pro Erbe um zwei Nacherbschaften handle und daher auch der doppelte Freibetrag zu gewähren sei. Dies überzeugte das Finanzamt nicht. Den Einsprüchen der Erben wurde daher auch nicht abgeholfen. Der Fall landete beim Finanzgericht München.
Einheitlicher Erwerb von Todes wegen
Die Richter gaben der Finanzbehörde Recht. Der für die Vor- und Nacherbschaft relevante § 6 ErbStG bestimmt, dass der Nacherbe stets einen einheitlichen Erwerb von Todes wegen verwirklicht. Er werde dabei als Erbe des Vorerben behandelt – unabhängig davon, ob auf Antrag bei der Besteuerung das Verhältnis dem ursprünglichen Erblasser zugrunde gelegt werde. Es komme auch nicht darauf an, ob es sich um eine oder mehrere gleichzeitig verwirklichte Nacherbschaften handle, sofern diese vom selben Vorerben stammt. Somit komme auch für die Steuerpflichtigen jeweils nur ein Freibetrag von EUR 400.000,00 in Betracht.
Berücksichtigung der Vorerwerbe
Weiter stellte das Gericht klar, dass aus erbschaftsteuerrechtlicher Sicht eine Verrechnung der einzelnen Erbmassen zulässig ist. Das bedeutet, dass ein negativer Erwerb als Rechnungsposten vom einheitlichen Erwerb abziehbar ist. Gleichzeitig sind aber auch die Vorschenkungen der Erblasserin an die Erben, die innerhalb der letzten zehn Jahre geleistet wurden, zu berücksichtigen. Auch dies gilt unabhängig davon, ob die Besteuerung im Verhältnis zu der Großelterngeneration beantragt wurde.
Vermögensnachfolge sorgfältig planen
Das Urteil veranschaulicht instruktiv, dass die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft erbschaftsteuerlich häufig äußerst ungünstige Folgen mit sich bringen kann. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Vor- und Nacherbschaft gar keine Daseinsberechtigung hat. Beispielsweise bei der Errichtung eines sogenannten Behindertentestaments ist regelmäßig die Vor- und Nacherbschaft ein geeignetes Mittel zur Sicherung des Nachlasses. Wichtig ist, dass bei der Nachfolgeplanung alle Optionen und deren Konsequenzen sorgfältig geprüft werden. Nur derjenige, der alle Konsequenzen seiner Entscheidung kennt, kann die für ihn passende Lösung finden.