Steuerfreiheit für das Home Office?
Steuervorteile bei Verkauf einer selbstgenutzten Eigentumswohnung
Steuervorteile bei Verkauf einer selbstgenutzten Eigentumswohnung
Ein Beitrag von Rechtsanwalt und Steuerberater Dirk Mahler, Fachanwalt für Steuerrecht
Arbeitnehmer nehmen gerne Steuervorteile aus dem möglichen – wenn auch zum Teil beschränkten – Werbungskostenabzug in Anspruch ohne sich über mögliche nachteilige Folgen im Klaren zu sein. Gerade in Zeiten der Corona-Krise und des damit vermehrt auftretenden Home-Offices werden solche Risiken jedoch latent – auch in Zusamenhang mit Immobilien und Steuern.
Bisher: Keine Steuerfreiheit für das Arbeitszimmer
Der Gewinn aus der Veräußerung einer selbstgenutzten Immobilie wird bereits nach einer sehr kurzen Halteperiode nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG von der Einkommensteuer freigestellt. Voraussetzung ist nach dem Wortlaut der Vorschrift unter anderem, dass die Immobilie ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.
Die Finanzverwaltung geht bisher davon aus, dass diese Voraussetzung für die Teilfläche, welche für das Arbeitszimmer genutzt wird, nicht vorliegt und ist der Auffassung, dass der auf diese Fläche anfallenden Spekulationsgewinn anteilig der Besteuerung zu unterwerfen sei.
Neue Entscheidung des Finanzgerichts
Dieser Auffassung ist das Finanzgericht Baden-Württemberg in einer aktuellen Entscheidung nunmehr entgegengetreten (Urteil vom 23.7.2019 – Az. 5 K 338/19). Das Gericht hat in einem diesem Fall entgegen der von der Finanzverwaltung bisher vertretenen Rechtsauffassung entschieden.
Der Veräußerungsgewinn nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ist demnach auch dann steuerfrei, soweit er auf ein häusliches Arbeitszimmer innerhalb einer selbst genutzten Wohnung entfällt.
Voraussetzungen der Steuerbefreiung
Das FG argumentiert, dass der Veräußerungsgegenstand im Sinne der Vorschrift ein Wirtschaftsgut sei. Dies ergebe sich aus der Formulierung „Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern“ im Auffangtatbestand des § 23 EStG.
Zudem müssen das veräußerte und das erworbene Wirtschaftsgut identisch sein. Bei einer Aufteilung des erworbenen Wirtschaftsgutes (im Streitfall also Herauslösung des Arbeitszimmers aus der Eigentumswohnung) bleibt die Identität des aufgeteilten Wirtschaftsguts in den Teilen erhalten, wenn die Teilung ohne aufwändige technische Maßnahmen durchgeführt werden kann und sich die Marktgängigkeit des bisherigen Wirtschaftsguts in den Teilen fortsetzt. Das ist allgemein für Wirtschaftsgüter anzunehmen, die durch bloßen Rechtsakt, ggf. verbunden mit einer Vermessung, geteilt werden und weiterhin verkehrsfähig bleiben. Es muss sich somit bei den aus der Aufteilung hervorgehenden Teilen wiederum um eigenständige Wirtschaftsgüter handeln.
Keine Teilung von Wohnung und Arbeitszimmer
Im vorliegenden Fall war somit nicht das Arbeitszimmer, sondern die gesamte Eigentumswohnung das hier zu beurteilende Wirtschaftsgut. Zum einen fehlt es im konkreten Fall bereits an einer Aufteilung des von der Klägerin erworbenen und wieder veräußerten Wirtschaftsguts „Eigentumswohnung“ in das Arbeitszimmer und die restliche Wohnung. Eine solche Teilung wäre wohl bereits rechtlich nicht möglich, das abgetrennte Arbeitszimmer wäre aber zumindest nicht marktgängig bzw. verkehrsfähig, denn das Arbeitszimmer kann nicht unabhängig von den anderen Teilen der Wohnung veräußert werden.
Aber selbst wenn man die Einzelveräußerbarkeit für den Begriff des Wirtschaftsguts nicht für erforderlich halten sollte, so verlangt der BFH bei den Gewinneinkünften zumindest eine Übertragbarkeit zusammen mit dem Betrieb. Nun fehlt es bei den Überschusseinkünften bereits an einem solchen Betrieb. Aber auch bei den Gewinneinkünften wäre die Übertragung des betrieblich genutzten häuslichen Arbeitszimmers zusammen mit dem Betrieb nicht möglich.
Ausschließliche Nutzung zu beruflichen Zwecken
Für die Ausnahme von der Besteuerung sei es demnach nicht schädlich, dass ein (untergeordneter) Teil des erworbenen und wieder veräußerten Wirtschaftsguts „Eigentumswohnung“ nicht zu eigenen Wohnzwecken, sondern ausschließlich zu beruflichen Zwecken von der Klägerin genutzt worden ist.
Zwar sieht die Vorschrift in ihrer 1. Alternative eine ausschließliche Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung vor. Nach Auffassung des FG ist dieses Ausschließlichkeitskriterium indes nicht iSv „räumlich ausschließlich“, sondern als „zeitlich ausschließlich“ zu verstehen.
Da die Vorschrift insoweit für die Steuerbefreiung somit keine räumlich ausschließliche Eigennutzung zu Wohnzwecken vorschreibt, ist es unschädlich, wenn die streitgegenständliche Eigentumswohnung vor ihrer Veräußerung mit einem unwesentlichen Teil (ca. 10 % der Wohnfläche) von der Klägerin zu ausschließlich beruflichen Zwecken genutzt worden ist.
Hinweise für die Praxis
Gegen das Urteil ist Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob die Entscheidung Bestand haben wird.
Die Nutzung eines Arbeitszimmers könnte auch steuerliche Folgen beim Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH haben, da diese möglicherweise zu einer Betriebsaufspaltung führen könnte. Auch insoweit kann die Argumentation des Finanzgerichts zur Abwehr einer unliebsamen Betriebsaufspaltung herangezogen werden.