Schenkungsteuer-Stundung bei Nießbrauch

Voraussetzungen der Stundung bei Wohnimmobilien

Veröffentlicht am: 24.06.2021
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

Voraussetzungen der Stundung bei Wohnimmobilien

Ein Beitrag von Helge Schubert, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater in Hamburg

Schenkungen von Grundstücken sind eine schöne Sache. Wenn da nicht die Schenkungsteuer wäre. In einigen Fällen kann die Steuer jedoch gestundet werden. Mit den Voraussetzung einer solchen Stundung der Schenkungsteuer setzte sich das Finanzgericht Münster auseinander (FG Münster, Urteil vom 11.03.2021 – 3 K 3054/19 AO). Im Ergebnis bejahte das Gericht die Steuerstundung, wenn der Schenker sich ein Nießbrauchsrecht an der Immobilie vorbehalten hat und der Beschenkte wirtschaftlich nicht in der Lage ist, die Schenkungsteuer aus eigenen Mitteln zu zahlen.

Schenkung einer Eigentumswohnung mit lebenslangem Nießbrauchsvorbehalt

Verschenkt wurde in dem Fall eine vermietete Eigentumswohnung – von der Tante an ihre Nichte. Durch die Vereinbarung eines lebenslangen Nießbrauchs an der Immobilie zugunsten der Tante behielt diese den Zugriff auf die Mieteinnahmen. Das Finanzamt verlangte 7.000 Euro Schenkungsteuer. Die beschenkte Nichte beantragte daraufhin eine Steuerstundung gemäß § 28 Absatz 3 ErbStG. Dieser besagt:

Gehört zum Erwerb begünstigte Vermögen im Sinne des § 13d Absatz 3, ist dem Erwerber die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu zehn Jahren zu stunden, soweit er die Steuer nur durch Veräußerung dieses Vermögens aufbringen kann…“

Die Nichte begründete ihren Antrag damit, dass sie wegen des Nießbrauchs keine Mieteinnahmen aus der geschenkten Immobilie erziele und mit gut 20.000 Euro selbst nur sehr geringe Einkünfte habe. Sie habe zwar noch eine weitere Immobilie, in der sie lebe und ein Blumengeschäft betreibe. Für diese müsse sie jedoch Darlehen bedienen – ebenso wie für ihren hälftigen Miteigentumsanteil an einer Ferienwohnung. Einen weiteren Kredit würde sie von ihrer Bank nicht erhalten.

Einspruch und Klage gegen die abgelehnte Stundung

Das alles überzeugte das Finanzamt nicht, sodass der Antrag auf Stundung der Schenkungsteuer abgelehnt wurde. Als Begründung hieß es aus der Steuerbehörde, dass schließlich auch die Tante als Schenkerin zur Zahlung der Steuer herangezogen werden könne, wenn erfolglos gegen die Nichte vollstreckt würde. Es folgte der erfolglose Einspruch gegen den Schenkungsteuer-Bescheid und schließlich die Klage vor dem Finanzgericht Münster.

Im Rahmen des Klageverfahrens unterstrich die beschenkte Nichte nochmal ihre wirtschaftliche Lage, die sich aufgrund der wegen der Corona-Pandemie notwendigen Schließung ihres Blumengeschäfts noch weiter verschärft habe.

Das FG Münster folgte Ihrer Argumentation und gewährt ihr die Stundung. Die Voraussetzungen des § 28 Absatz 3 ErbStG seien gegeben. Die Beschenkte könne die Steuer weder aus weiterem erworbenem Vermögen noch aus seinem vorhandenen Eigenen Vermögen aufbringen. Eine Veräußerung ihrer eigenen Grundstücke, sei aufgrund der darauf lastenden hohen Grundschulden nicht zweckmäßig. Zwar hatte die Beschenkte letztlich die Schenkungsteuer mit einem privaten Darlehen ihrer Mutter bezahlt. Ein solcher Kredit aus dem Familienkreis stehe der Stundungsbedürftigkeit jedoch nicht entgegen. Der Argumentation des Finanzamts hinsichtlich der Inanspruchnahme der Tante folgten die Richter nicht. Würde man stets auch die finanziellen Möglichkeiten des Schenkers mit einbeziehen, sei eine Stundung fast immer ausgeschlossen.

Steuerbelastung für Schenkungen außerhalb der Kernfamilie

Die Stundung wurde in dem Fall vor dem FG Münster überhaupt nur deswegen ein Thema, weil es sich um eine Immobilien-Schenkung an eine Nichte handelte. Diese gehört zur Schenkungsteuer-Klasse II und hat persönlichen Freibetrag von lediglich 20.000 Euro. Wird Vermögen innerhalb der Kernfamilie übertragen, ist das Finanzamt da schon großzügiger. Bei Ehegatten beträgt der Freibetrag 500.000 Euro, bei Kindern immerhin noch 400.000 Euro. Wenn man dann noch die steuermindernde Wirkung eines Nießbrauchsvorbehalts berücksichtigt, lassen sich schon ganz erhebliche Vermögenswerte unentgeltlich übertragen, ohne das Schenkungsteuer anfällt und über eine Stundung derselben nachgedacht werden muss.