Befreiung des Notars von Verschwiegenheitspflicht
GmbH-Geschäftsführer verstorben, wer hat jetzt die Befugnis?
GmbH-Geschäftsführer verstorben, wer hat jetzt die Befugnis?
Ein Beitrag von Anna-Maria Blömer
Wenn ein Notar als Zeuge zu einem von ihm beurkundeten Vertrag aussagen soll, dann muss er sich zuvor von den Beteiligten von seiner Schweigepflicht befreien lassen. Ist ein GmbH-Geschäftsführer als Beteiligter in der Zwischenzeit verstorben, kann dieser den Notar nicht mehr höchstpersönlich von seiner Verschwiegenheit entbinden.
Ob es dann noch eine weitere Möglichkeit gibt, den Notar von seinem Schweigen zu befreien, und wer dafür gegebenenfalls zuständig ist, hat der Bundesgerichtshof Ende letzten Jahres entschieden (BGH, Urteil vom 15.11.2021 - NotZ(Brfg) 3/21).
Vertragsstrafenregelung in Immobilienkaufvertrag einbezogen
Im dem BGH vorgelegenen Fall wurde im April 2009 mit Hilfe eines Notars ein Immobilienkaufvertrag zwischen den Parteien geschlossen. Es handelte sich bei dem Grundstück um ein Tankstellengrundstück. In den Vertrag wurden damals Vertragsstrafenregelungen einbezogen. Eine der beiden Parteien wurde durch dessen GmbH-Geschäftsführer repräsentiert, welcher jedoch im Jahr 2015 verstarb.
Ein paar Jahre später brach zwischen den Kaufvertragsparteien Streit um die Vertragsstrafe aus, welcher dann vor dem Landgericht ausgetragen werden sollte. Es folgte eine Ladung des Notars zu einer Zeugenaussage bezüglich der Klärung des Zustandekommens der streitigen Regelung. Der Notar verweigerte unter Berufung auf seine Verschwiegenheitspflicht eine Aussage.
Notare müssen Schweigen bewahren – Tratschen ist verboten
Notare in Deutschland müssen die ihnen anvertrauten Informationen so gut hüten, wie ihr Erstgeborenes vor Rumpelstilzchen. Deshalb heißt die obere Amtspflicht, Verschwiegenheit über die einem anvertrauten Angelegenheiten zu bewahren. Diese Verschwiegenheitspflicht nehmen Notare erst mit in den Ruhestand und dann auch mit ins Grab. Ausnahmen gelten grundsätzlich nur dann, wenn die Beteiligten den Notar höchstpersönlich von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden haben.
Das Vertraulichkeitsverhältnis zu den Mandanten ist deshalb so wichtig, weil der Notar den Sachverhalt bis ins kleinste Detail erforschen und dabei allen Interessen und Zielen der Vertragsparteien gerecht werden soll. Die Beteiligten dürfen dabei keine Scheu haben, in völliger Offenheit vertrauliche Angelegenheiten mit dem Notar zu besprechen. Dabei muss es egal sein, ob es sich um die Aufsetzung eines Immobilienkaufvertrages oder eines Testaments handelt.
Notarkammer befreit Notar von Schweigepflicht – er besteht auf Zeugnisverweigerungsrecht
Daraufhin wurde der betroffene Notar sowohl durch die GmbH als auch durch die Notarkammer von seiner Schweigepflicht in dieser Angelegenheit entbunden. Der Notar weigerte sich jedoch weiterhin auszusagen. Kurz darauf prüfte neben dem Landgericht auch das Oberlandesgericht Jena, ob der Notar weiterhin auf seinem Zeugnisverweigerungsrecht bestehen kann.
Beide kamen zum selben Ergebnis: Es besteht kein Zeugnisverweigerungsrecht mehr. Daraufhin versuchte der Notar sein Zeugnisverweigerungsrecht vor dem BGH geltend zu machen.
BGH: Wenn Beteiligter verstorben, kann Aufsichtsbehörde den Notar von Schweigen entbinden
Die Karlsruher Richter konnten der Ansicht des Notars, dass nach §§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, 111d Satz 2 BNotO ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden, nicht zustimmen. Im Urteil hieß es, dass sein Antrag auf Zulassung zur Berufung auf dieser Grundlage unbegründet ist. Zunächst müsste man § 18 Abs. 2 BNotO betrachten:
„Die Pflicht zur Verschwiegenheit entfällt, wenn die Beteiligten Befreiung hiervon erteilen; sind Beteiligte verstorben oder ist eine Äußerung von ihnen nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu erlangen, so kann an ihrer Stelle die Aufsichtsbehörde die Befreiung erteilen.“
Demnach sei das Recht, anstelle des verstorbenen GmbH-Geschäftsführers die Befreiung von der Schweigepflicht zu beantragen, nicht höchstpersönlich. Eine Entbindung durch den aktuellen Geschäftsführer sei in diesem Falle nicht möglich, weshalb diese Entbindungshandlung sehr wohl ein höchstpersönliches Recht darstellt. Das vertretene Unternehmen kann allerdings weiterhin den Antrag an die Notarkammer stellen, den Notar im jeweiligen Fall seiner Verschwiegenheitspflicht zu befreien.