Noch ein Testament von Dieter Wedel

Antworten auf die erbrechtlichen Fragen

Die jüngst aufgetauchte letztwillige Verfügung von Dieter Wedel wirft einige Fragen auf.

Veröffentlicht am: 16.03.2023
Qualifikation: Rechtsanwältin für Nachfolge und Erbrecht
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Die Spekulationen rund um den letzten Willen des 2022 verstorbenen Regisseurs Dieter Wedel gehen in die nächste Runde. Unter Berufung auf die Bild-Zeitung berichteten Bunte.de und Focus Online gestern (15. März 2023) von einem zweiseitigen Testament, in dem die ARD-Lottofee Franziska Reichenbacher wie folgt als Begünstigte auftaucht: „Meiner treuen Freundin Franziska möchte ich 100.000 Euro hinterlassen.“ Weiter ist zu lesen, das Schriftstück sei auf einem Computer geschrieben und Franziska Reichenbacher habe es in Wedels Wohnung gefunden, aber wegen Unwirksamkeit zunächst gar nicht einreichen wollen.

Der Fall wirft einige rechtliche Fragen auf, die vor allem in den Sozialen Medien diskutiert werden und die wie folgt zu beantworten sind:

Kann ein auf einem PC geschriebenes Testament überhaupt wirksam sein?

Eine letztwillige Verfügung muss entweder notariell beurkundet oder eigenhändig errichtet werden. Unter eigenhändig im Sinne von § 2247 Absatz 1 BGB versteht das Erbrecht aber nur die Handschrift, nicht dagegen das eigenhändige Tippen auf einer Tastatur. Wirkung kann ein so errichteter letzter Wille allenfalls entfalten, wenn das Dokument neben der Unterschrift des Verfassers noch weitere handschriftliche Passagen enthält, die für sich genommen eine erbrechtliche Verfügung darstellen.

Warum sollte das Testament trotz offensichtlicher Unwirksamkeit dennoch beim Nachlassgericht abgeliefert werden?

Die Ablieferungspflicht betrifft grundsätzlich alle Dokumente, bei denen es sich um eine letztwillige Verfügung handeln könnte. Die Prüfung der Wirksamkeit obliegt dem Nachlassrichter, da juristische Laien die Einhaltung der Formvorschriften nicht hinreichend bewerten können. So kann beispielsweise unter Umständen auch die Kopie eines Testaments als solches anerkannt werden, wenn das Original verschwunden ist. Außerdem ist es denkbar, dass ein unwirksames Testament insoweit bei der Erbfolge berücksichtigt wird, als es hilfreich für eine etwaige Auslegung eines wirksamen Testaments sein kann.

Könnte das später gefundene Testament überhaupt noch die Erbfolge ändern?

Wäre das Testament von Wedel formwirksam errichtet, würde es alle vorherigen letztwilligen Verfügungen von Wedel verdrängen, soweit es diesen widerspricht. In der Errichtung eines Testaments liegt insoweit stets der Widerruf vorheriger Verfügungen. Dass das letzte Testament erst lange nach dem Erbfall gefunden wird, spielt keine Rolle. Wenn das Nachlassgericht bereits einen Erbschein zugunsten einer anderen Person ausgestellt hat, wird dieser Erbschein einfach wegen Unrichtigkeit wieder eingezogen. Ein Erbschein wird – anders als ein Gerichtsurteil – nicht rechtskräftig. 

Wie wäre „100.000 Euro hinterlassen“ rechtlich zu verstehen?

Im deutschen Erbrecht gibt es entweder die Erbschaft oder das Vermächtnis. Während der Erbe entweder den gesamten Nachlass (Alleinerbe) oder eine Quote am gesamten Nachlass (Erbengemeinschaft) erhält, hat der Vermächtnisnehmer gegen den Erben einen schuldrechtlichen Anspruch auf die Übertragung eines Vermögenswertes - z.B. Auszahlung eines Geldbetrags oder Übertragung einer Immobilie. Ob im „hinterlassen“ eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis liegt, muss anhand der Umstände bewertet werden. Da der Nachlass von Wedel mit mehreren Millionen Euro beziffert wird, dürfte es sich bei den 100.000 Euro lediglich um ein Vermächtnis zugunsten Reichenberger handeln.

Müsste Franziska Reichenbacher die 100.000 Euro versteuern?

Ob Erbschaft oder Vermächtnis – die 100.000 Euro unterlägen in jedem Fall der Erbschaftsteuer. Da Franziska Reichenbacher nicht verwandt mit Dieter Wedel war, gilt bei ihr die Erbschaftsteuerklasse III mit einem Freibetrag von lediglich 20.000 Euro. Die Differenz in Höhe von 80.000 Euro ist in der Steuerklasse III mit 30 Prozent zu versteuern, sodass 24.000 Euro Erbschaftsteuer zu zahlen wären.

Was ist, wenn ein Erbe oder Vermächtnisnehmer das vom Erblasser Zugedachte nicht annehmen möchte - etwa weil dieser zu Lebzeiten grobe Verfehlungen begangen hat?

Ein Erbe und auch ein Vermächtnisnehmer kann das Erbe bzw. das Vermächtnis ausschlagen, wenn er oder sie von dem Erblasser nichts haben möchte.

Wenn ein Erbe das Erbe nicht annehmen will, kann bzw. muss er es innerhalb der gesetzlichen Frist von 6 Wochen ab Kenntnis ausschlagen. Etwas anderes gilt, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte oder sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland aufgehalten hat. Dann verlängert sich die Ausschlagungsfrist auf 6 Monate. Um das Erbe auszuschlagen, muss der Erbe beim Nachlassgericht am eigenen Wohnsitz oder beim letzten Wohnsitz des Erblassers persönlich erscheinen und die Erbausschlagung beantragen.

Etwas anders verhält es sich bei einem Vermächtnis: Auch ein Vermächtnisnehmer „muss“ das Vermächtnis nach dem Erbfall nicht annehmen. Wenn der Vermächtnisnehmer den ihm zugewandten Vermögensgegenstand nicht haben will, dann kann er von der Geltendmachung der ihm zustehenden Forderung einfach absehen. Will der Vermächtnisnehmer klare Verhältnisse schaffen, kann er das Vermächtnis durch Erklärung gegenüber dem Erben auch ausdrücklich ausschlagen. Dabei ist er jedoch an keine Frist gebunden.