Nicht jeder Kündigungsgrund taugt zum Personalabbau
Aktuelle Rechtsprechung zur Verdachtskündigung und unerwünschten Freizeitaktivitäten
Aktuelle Rechtsprechung zur Verdachtskündigung und unerwünschten Freizeitaktivitäten
Ein Beitrag von Danny Böhm
Auch wenn ein Arbeitgeber so manchen Mitarbeiter wegen persönlicher Vergehen aus dem Betrieb werfen möchte, so ist das in der Praxis nicht immer ganz so einfach – dafür sorgen die im Arbeitsrecht definierte Kündigungsgründe. Bei einer außerordentlichen Kündigung oder einer Verdachtskündigung gibt es eine Reihe Feinheiten zu beachten. Tut man dies nicht, wird man den Mitarbeiter auch nicht los – und die vermeintlich gut ausgearbeitete Kündigung verläuft im Sande. Hierzu zwei aktuelle Urteile von Landesarbeitsgerichten:
Nach einer Kündigung kann es schon einmal knallen – gerade im Chemiewerk
Ein Mitarbeiter eines Chemieunternehmens wurde wegen des Versuchs eines Sprengstoffvergehens in seiner Freizeit verurteilt. Nachdem der Arbeitgeber in Rahmen einer Pressemitteilung von dem Vorfall erfahren hatte, kündigte er dem Mitarbeiter außerordentlich fristlos. Der Arbeitnehmer sei durch die Tat nicht mehr als zuverlässig zu qualifizieren, da es sich um eine sicherheitsrelevante Tätigkeit innerhalb der Fabrik handele. Dagegen reichte der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht ein.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf urteilte, dass die außerordentliche Kündigung nicht rechtmäßig sei. Außerdienstliche Vergehen könnten zwar einen Kündigungsgrund darstellen, dabei seien allerdings auch die geschuldete Tätigkeit und die konkrete Stellung im Betrieb in die Interessensabwägung mit einzubeziehen. Trotz der sicherheitsrelevanten Tätigkeit überwiege die lange Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers. Zudem hätten die Chemikalien nichts mit seiner Tätigkeit im Engeren zu tun gehabt, da er in der Qualitätsanalyse arbeitet.
Wer sich rechtfertigen soll, muss auch erstmal Luft holen können
In einem anderen Fall gab es zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin Unstimmigkeiten über den Verbleib eines Firmenlaptops. Der im Außendienst tätige Mitarbeiter erhielt ein eigenes Notebook für seine Arbeit. Als er lange krank und eine große heruntergeladene Dantemenge festgestellt wurde, verlangte der Arbeitgeberin den Rechner heraus und bekam vom Arbeitnehmer ein anderes Modell übersendet. Dem Chef war dies zu viel und er ließ ihm ein Kündigungsschreiben mit einer Frist zu Rechtfertigung wegen Verdachts auf eine Straftat innerhalb von zwei Tagen zukommen. Die Verdachtskündigung griff der Mitarbeiter sodann vor den Arbeitsgerichten an – es war nicht seine erste Kündigung, gegen die er vorgegangen ist.
Die Richter des LAG Schleswig-Holstein sahen die Verdachtskündigung als rechtswidrig an. Der Grund lag im unprofessionellen Vorgehen des Arbeitgebers. Die Zweitagesfrist wäre am Montagnachmittag verstrichen und durch andere anhängige gerichtliche Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber hätte der Anwalt Stellung dazu nehmen müssen. Zudem sei der Arbeitnehmer nach gesetzlichen Vorschriften arbeitsunfähig gewesen und hätte sich daher nicht die ganze Zeit zu Hause aufhalten können. Der Verdacht als besonderer Kündigungsgrund konnte also nicht herhalten.
Private Angelegenheiten und Vermutungen sind ein heikles Thema
Geht es bei einer Kündigung um das Verhalten des Arbeitnehmers in seiner Freizeit oder ist man sich der Tatsachenlage für eine Kündigung nicht sicher, ist höchste Vorsicht für den Arbeitgeber geboten. Bei einer Verdachtskündigung ist dem Mitarbeiter eine ausreichend bestimmte Frist zu gewähren, auch wenn bereits einige betriebliche Rechtsstreitigkeiten anhängig sind. Bei außerordentlichen Kündigungen mit Bezug zur privaten Freizeitgestaltungen des Arbeitnehmers müssen die unternehmerischen Interessen genau dargestellt werden.