Morgengabe unter türkischen Eheleuten
Welches Recht gilt bei Trennung und Scheidung?
Welches Recht gilt bei Trennung und Scheidung?
Ein Beitrag von Meltem Kolper-Deveci, Fachanwältin für Familienrecht in München
Eheschließungen mit Bezug zu anderen Kultur- und Rechtskreisen weisen häufig Besonderheiten auf. Ein in der Praxis häufiger Fall betrifft die sogenannte Morgengabe nach islamischem Recht. Das auf ein vor dem Imam abgegebenes Morgengabeversprechen anwendbare Recht bestimmt sich nach den allgemeinen Ehewirkungen. Nach deutschem Recht bedarf ein solches Versprechen der notariellen Form, wie das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden hat (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 11.12.2019 – 4 UF 23/19).
Mehir von 5.555,55 EUR vereinbart
Die Eheleute leben in Deutschland, sie haben die türkische und der Ehemann zudem die deutsche Staatsangehörigkeit. Vor der standesamtlichen Eheschließung führten sie eine religiöse Zeremonie durch. Während dieser wurden sie vom Imam gefragt, welchen Betrag die Ehefrau vom Ehemann für den Fall der Scheidung verlange. Die Ehefrau, die sich wie der Ehemann, vor der Zeremonie keine Gedanken über die Frage der Morgengabe gemacht hatte, antwortete spontan mit 5.000,00 EUR. Einen Betrag von 5.555,55 EUR trug der Imam dann in einer von ihm handschriftlich verfassten und als „Vertrag“ bezeichneten Urkunde unter „Mehir“ ein. Diese Urkunde wurde von den Ehegatten unterzeichnet. Nach Scheitern der Ehe verlangte die Ehefrau vom Ehemann die Zahlung des versprochenen Mehirs. Die Ehefrau verliert.
Ex-Frau verlangt Mehir
Anwendbar ist auf diesen Fall deutsches Recht, wie das Oberlandesgericht Frankfurt entschied. Der Vertrag sei jedoch unwirksam, sodass die Ehefrau keinen Anspruch auf die Morgengabe habe. Zwar kenne das deutsche Recht die Morgengabe nicht, sodass keine sie betreffende Formvorschrift bestehe. Jedoch bestehe für die vermögensrechtlichen Fragen wie Versorgungsausgleich, Unterhalt und Güterrecht (Scheidungsfolgen) eine Formvorschrift. Auch wenn die Morgengabe sich keinem dieser Institute vollständig zuordnen lässt, liegen Ansätze aus all diesen Instituten vor. In der Folge ist daher eine notarielle Form für das Morgengabeversprechen erforderlich.
Vereinbarung somit formungültig
Das OLG Frankfurt folgt einer Entscheidung eines anderen Senats des Gerichts. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Morgengabe liegt noch nicht vor und wäre wünschenswert. Auch im Familienrecht stellt sich die Frage, wieweit das Zusammenleben verschiedener Kulturen gelingt und wirft immer wieder neue Fragen auf. Die deutschen Gerichte tun sich etwas schwer mit der Morgengabe. Insofern sollten sich Eheleute im Falle der Trennung und der Scheidung in solchen Konstellationen anwaltlich von einem Spezialisten beraten lassen.