Totalausschluss von Scheidungsfolgen im Ehevertrag
Wirksam trotz schwacher Verhandlungsposition?
Das OLG Hamm urteilt, dass eine objektiv schwächere Verhandlungsposition allein nicht ausreicht um einen Totalausschluss von Scheidungsfolgen im Ehevertrag für unwirksam zu erklären. Hinzutreten muss auch ein subjektives Element.
Schließen Ehegatten zu Beginn ihrer Ehe einen Ehevertrag, lassen sich im Falle einer Scheidung unerwünschte wirtschaftliche und rechtliche Folgen vermeiden. Es ist sogar möglich, sämtliche gesetzlichen Scheidungsfolgen vertraglich auszuschließen. Ärgerlich wird es allerdings, wenn sich einer der Ex-Eheleute im Trennungsfall nicht mehr an die Vereinbarung halten will – und dafür auch noch gute Argumente hat. Dass aber gute Argumente allein nicht ausreichen und einem unter Umständen sogar die eigene Intelligenz zum Verhängnis werden kann, zeigt ein Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm (OLG Hamm, Beschluss vom 4.9.2025 – 9 UF 105/22).
Keine Sprachkenntnisse und kein Dolmetscher
Das im Konflikt stehende Ehepaar heiratete im Jahr 2002 und lebt seit 2019 getrennt. Wenige Tage vor der Eheschließung schloss das Paar auf Drängen des Bräutigamvaters einen Ehevertrag. Dieser sah jeweils einen Unterhalts- und Versorgungsausgleichsverzicht, sowie die Gütertrennung vor.
Die Ex-Ehefrau hält diese Vereinbarung nun für sittenwidrig. Sie war erst wenige Monate vor der Eheschließung als Au-pair nach Deutschland gekommen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, habe sie nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt, um die komplexen juristischen Inhalte zu verstehen. Da der Ehevertrag von der Familie ihres Ex-Mannes in Auftrag gegeben wurde, habe sie auf den Inhalt vertraut. Selbst habe Sie beim Notartermin nicht hinreichend verstehen können. Es war kein Dolmetscher anwesend. Zudem habe sie weder vorab einen Vertragsentwurf erhalten noch wurde dieser n ihrer Muttersprache übersetzt.
Der Ex-Ehemann widerspricht dieser Darstellung. Nach seiner Auffassung verfügte seine damalige Partnerin über hinreichende Sprachkenntnisse, da sie bereits im Oktober 2001 einen B2-Deutschkurs begonnen habe. Zudem habe sich das Paar überwiegend auf Deutsch kennengelernt und verständigt. Der Ehevertrag sei bereits vor dem Notartermin ausführlich mit einer Rechtsanwältin besprochen worden und habe dem beiderseitigen Wunsch entsprochen.
Die Frau ist zu intelligent
Die Ausführungen des Ex-Mannes überzeugten die Richter des OLG. Zwar sorge der im Ehevertrag vorgesehene Totalverzicht für eine objektiv einseitige Lastenverteilung, da dieser zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Ehefrau ohne rechtliche Absicherung führe, allerdings könne dies allein nicht die Sittenwidrig der Vereinbarung begründen. Erforderlich sei darüber hinaus, dass sich diese Lastenverteilung auf eine Verhandlungssituation stütze, die von einer einseitigen Dominanz eines Ehegatten geprägt sei. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht der Fall.
Die Ex-Ehefrau belegte bereits seit März 2001 konsequent Sprachkurse. Das Sprachniveau A1 erreichte sie noch vor Abschluss des Ehevertrags und nur acht Monate später das Niveau B2. Zudem war sie in ihrer Tätigkeit als Au-pair durch den Umgang mit den anvertrauten Kindern dauerhaft mit der deutschen Sprache konfrontiert.
Nicht unberücksichtigt blieb auch, dass sie in ihrem Heimatland über den Titel „Diplom-Juristin“ verfügte, welcher ihr in Deutschland nicht anerkannt wurde. Damit sei sie auf die Heirat wirtschaftlich nicht angewiesen gewesen, zumal sie auch Familienmitglieder im Heimatland hatte.
Der Eindruck, den ihre Persönlichkeit hinterlässt – insbesondere, dass sie sich seit der Heirat stetig weitergebildet und mittlerweile sogar die deutsche Staatsbürgerschaft erworben hat –, bestärken diese Ausführungen zusätzlich.
Portemonnaie schützen, Ehevertrag schließen
So groß die gegenseitige Liebe zu Beginn einer Ehe auch sein mag – es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass immerhin etwa 29 % der Ehen in Deutschland geschieden werden. Dabei ist eine Scheidung nicht nur emotional belastend, sondern bringt auch rechtliche Herausforderungen mit sich.
Ein Ehevertrag, der mögliche Folgen einer Trennung im Vorfeld regelt, kann in solchen Fällen deutlich entlasten. Wie der Fall des OLG Hamm zeigt, bieten solche vertraglichen Vereinbarungen – sofern sie ordnungsgemäß abgeschlossen wurden – auch im Streit zwischen den Ex-Eheleuten rechtliche Sicherheit.