Lauschangriff auf spanische Fußballfans
Wie „La Liga“ seine Fans abhört und den Datenschutz ignoriert
Wie „La Liga“ seine Fans abhört und den Datenschutz ignoriert
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Thomas Repka
Datenschutz-Skandal im spanischen Fußball: die spanische Fußball-Liga „La Liga“ soll Smartphones von Fans angezapft haben, um Pay-TV-Betrug aufzuspüren. Dass ein solches Vorgehen Konflikte mit dem Datenschutz hervorruft, dürfte nicht nur Datenschutz-Experten einleuchten.
Offizielle Liga-App als Abhörinstrument
Offenbar mehr als vier Millionen Fans, die die offizielle Liga-App von „La Liga“ auf ihrem Smartphone nutzten, sind von dem Lauschangriff betroffen. So verlangt der Anbieter der App u.a. Zugriff auf das Mikrofon des Geräts. Ein entsprechender Absatz in der Datenschutzerklärung sprach vor Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nur von „Publikumsanalysen“. Bei einer Aktualisierung der Datenschutzerklärung und Konkretisierung der Verarbeitungszwecke flog der Datenschutz-Verstoß auf.
Wirtschaftliche Interessen vs. Datenschutz
Wie „La Liga“ mitteilte, sollte die Funktion den Kampf gegen Pay-TV-Betrug unterstützen, der jährlich ca. 400 Millionen Euro Schaden verursacht. Mithilfe der App wollte der Fußball-Verband Kneipen und anderen Übertragungsorten auf die Schliche kommen, die die Pay-TV-Lizenz nicht zahlen. Ein nachvollziehbares Ziel – aber im Einklang mit dem Datenschutz?
Die App glich das Audio-Signal des Smartphone-Mikrofons und den Standort des Nutzers mit den Daten von lizensierten Sportkneipen ab. Stimmten die Daten nicht überein, fand automatisch eine Meldung an den App-Betreiber statt. So konnten illegale Übertragungsorte ermittelt werden. Von all diesen Vorgängen bekam der App-Nutzer nichts mit.
Spanische Datenschutzbehörde verhängt Bußgeld
Die spanische Datenschutzaufsicht AEPD sah darin einen Verstoß gegen die Transparenzregeln der DSGVO und verhängte gegen die Fußball-Liga ein Bußgeld von 250.000 Euro. Zudem darf die App in dieser Form nicht mehr angeboten werden und muss abgeschaltet und gelöscht werden. Ein im europäischen Vergleich und angesichts des Ausmaßes des Datenschutzverstoßes eine eher milde Strafe. Trotzdem wehrt sich der Verband.
„La Liga“ wehrt sich und verweist auf Schutzmaßnahmen
Der Fußballverband akzeptiert das Bußgeld nicht und kündigte Rechtsmittel gegen die Entscheidung an. Nach Ansicht von „La Liga“ liege kein Datenschutzverstoß vor – vielmehr habe die AEPD die Technologie der App nicht verstanden. Die App würde nur zur Sendezeit der Ligaspiele das Mikrofon aktivieren und lediglich Fragmente aufzeichnen, die dann mit dem Audio-Signal der Live-Übertragung abgeglichen werde. Dabei sei die Privatsphäre der Nutzer durch eine Verschlüsselung der Daten gewährleistet. Außerdem könne der Nutzer die Funktion deaktivieren.
Rechtsgrundlage für Datenverarbeitung?
Ob die Fußball-Liga allein mit dieser Argumentation das Bußgeld abwenden kann, ist mehr als fraglich. Es lohnt sich einen Blick auf die in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen zu werfen: mangels Transparenz lässt sich die Datenverarbeitung wohl eher nicht auf eine wirksame Einwilligung des App-Nutzers stützen, wenn die Aufklärung derart unkonkret und in der Datenschutzerklärung versteckt ist.
Es bleibt demnach nur noch die Rechtsgrundlage der sog. „berechtigten Interessen“, bei der eine Abwägung zwischen den Interessen der spanischen Fußball-Liga und den Interessen der Betroffenen stattfinden muss. Ob „La Liga“ diese Abwägung allein mit wirtschaftlichen Erwägungen im Kampf gegen Pay-TV-Betrug gewinnen kann, ist zweifelhaft. Schließlich handelt es sich bei den App-Nutzern um unbeteiligte Dritte, die unbemerkt zum Spitzel werden.
Kampf gegen Pay-TV-Betrug
Dass der Fußballverband nicht auf viele Millionen Lizenzeinnahmen verzichten will ist mehr als verständlich und nachvollziehbar. Tatsächlich entgehen wegen illegaler Sportübertragungen in vielen Ländern millionenschwere Lizenzeinbußen. Die Aufklärung solcher Verstöße darf jedoch nicht auf dem Rücken der Fußball-Fans und zu Lasten des Datenschutzes geschehen. Zukünftig wird Pay-TV-Betrug also wieder „analog“ aufzuklären sein.
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