Krankschreibung per WhatsApp?

Wettbewerbszentrale rügt irreführende Werbung

Veröffentlicht am: 21.11.2019
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Wettbewerbszentrale rügt irreführende Werbung

Ein Beitrag von Fiona Schönbohm

Wie einfach darf krank sein werden? Der Ärztemangel befeuert den technischen Fortschritt nun auch im Arbeitsrecht. Die Internet-Sprechstunde ist auf dem Vormarsch. Nun hat die Wettbewerbszentrale rechtliche Schritte gegen ein Start-up eingeleitet, die eine Krankschreibung per WhatsApp ermöglichen wollen.

Attest auf das Mobiltelefon?

Ein kleines Häkchen setzen bei „Fieber“ und „Halsschmerzen“, vierzehn Euro Gebühr überweise und schon wird via WhatsApp das Attest für den Arbeitgeber zugestellt. So lautet das Konzept des Internet Start-ups „AU-Schein“. Damit wird krank sein verlockend einfach und ein Attest kann sogar von unterwegs angefordert werden.
Das Unternehmen „AU-Schein“ sitzt in Lübeck und stellt eigenen Angaben zufolge etwa 80 Atteste pro Tag aus. Es beschäftigt einen ausgebildeten Arzt, der die rechtsgültige Bescheinigung mit einer Original-Unterschrift versieht. Auf seiner Homepage wirbt es damit, bereits über 20.000 Krankschreibungen ausgestellt zu haben.

Irreführende Werbung

Die hohe Missbrauchsgefahr ist  nicht nur Arbeitgebern ein Dorn im Auge. Ein Selbstversuch der Rechtsanwältin der deutschen Wettbewerbszentrale habe ergeben dass sich das System ohne weitere Schwierigkeiten täuschen lasse. Zwei Mitarbeiter hätten sich erfolgreich, ohne mit einem Arzt sprechen zu müssen, unter Angabe falscher Symptome krankschreiben lassen, so die Anwältin.
Diesem Treiben will die Wettbewerbszentrale nun einen Riegel vorschieben. Die Behörde begründet ihre Klage im Wettbewerbsrecht vor dem Landgericht Hamburg damit, dass die Werbung auf der Webseite des Unternehmens irreführend sei. Dort wird mit einem „100 Prozent gültigen AU-Schein“ geworben. Die Behörde ist anderer Meinung. Es könne sein, dass in einem Rechtsstreit eine solche Online-Krankschreibung als nicht ausreichend bewertet würde und der Arbeitnehmer am Ende das Nachsehen habe. Dies sei ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.

Missbrauchsgefahr fraglich

Das verklagte Unternehmen tritt dem entgegen. Die Krankschreibung stamme von einem ausgebildeten Arzt und entspräche damit den gesetzlichen Voraussetzungen, so der Gründer des Unternehmens.
Im Übrigen gäbe es keine zuverlässigen Studien dazu, dass Arbeitnehmer ohne persönlichen Kontakt zu dem untersuchenden Arzt häufiger täuschten als andere. Vielmehr sei es auch bei persönlichem Kontakt möglich, Unwohlsein vorzutäuschen und somit ohne tatsächliche Symptome in den Besitz einer Krankschreibung zu gelangen.