Kahn & Bayern München – Aus, Trennung, Abberufung, Kündigung?

Wie sich der Aufsichtsrat vom Vorstand trennen kann

Nach der Trennung von Alt-Trainer Nagelsmann und dem recht erfolglosen Start von Neu-Trainer Tuchel steht bei Bayern München der Vorstand und hier insbesondere Vorstandschef Oliver Kahn in der Kritik. Sogar Gerüchte um ein Kahn-Aus machen die Runde. Doch wäre eine Trennung rechtlich überhaupt möglich? Wer darf mitentscheiden?

Veröffentlicht am: 20.04.2023
Qualifikation: Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in Berlin
Lesedauer:

Der FC Bayern München als Aktiengesellschaft

Der FC Bayern München, allen bekannt als der Fußballclub mit dem gefühlten Abo auf die Deutsche Meisterschaft, ist wie andere Fußballvereine der Bundesliga als Aktiengesellschaft organisiert. Was heißt das?

Nun, es gibt Aktionäre, einen Vorstand und einen Aufsichtsrat. Von den Aktionären gibt es bei Bayern München offensichtlich nur vier: FC Bayern München e. V. (75%), Adidas AG (8,33%), Allianz SE (8,33%), Audi AG (8,33%). Im Verein FC Bayern München e.V. sind die Fans organisiert. Die Fans sind also nur mittelbar an den wichtigen Entscheidungen beteiligt. Im Vorstand sitzen aktuell neben (noch) Vorstand Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić noch 3 weitere Personen. „Chef“ des Vorstandes ist Kahn als Vorstandsvorsitzender, dem aber keine außerordentliche "Macht" innerhalb des Vorstandes zukommt (kein Vergleich zum CEO amerikanischer Prägung).

Ausführliche Themenseite zur Struktur des FC Bayern mit Funktionären, Investoren, Sponsoren, Mitgliedern und Fans: Struktur und Machtverhältnisse FC Bayern München

Der Aufsichtsrat besteht derzeit aus neun Mitgliedern. Zu denen bekanntesten gehören wohl Uli Hoeneß und Edmund Stoiber.

Wer entscheidet über die Entlassung von Kahn?

Anders als man vielleicht denken mag, haben die Fans des FC Bayern München hinsichtlich einer Trennung von Kahn nichts zu sagen. Auch die anderen Aktionäre haben keine unmittelbare Entscheidungsmacht hinsichtlich der Abberufung bzw. Kündigung von Mitgliedern des Vorstandes.

Die alleinige Entscheidungsmacht liegt beim Aufsichtsrat. Er bestellt die einzelnen Mitglieder des Vorstandes. Er beruft auch die Mitglieder des Aufsichtsrates ab, man spricht auch vom Widerruf der Bestellung.

Häufig sitzen im Aufsichtsrat allerdings Personen, die aus dem „Umfeld“ der Aktionäre kommen. So sitzen im Aufsichtsrat von Bayern München zum Beispiel der Präsident des FC Bayern München e.V., der Vorstandsvorsitzende von Audi und Führungskräfte der Allianz und von adidas. Die Mitglieder des Aufsichtsrates sind von Gesetzes wegen in ihren Entscheidungen zwar frei, aber …

Kann Kahn einfach so aus dem Vorstand entlassen werden?

Nein! Das Aktiengesetz sieht ausdrücklich vor, dass der Aufsichtsrat die Bestellung zum Vorstandsmitglied und die Ernennung zum Vorsitzenden des Vorstands nur widerrufen kann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

Ein solch wichtiger Grund ist dem Gesetz zufolge

  1. eine grobe Pflichtverletzung,
  2. die Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung oder
  3. der Vertrauensentzug durch die Aktionäre (Hauptversammlung).

Betrachtet man die aktuelle Situation bei Bayern München und berücksichtigt die Entscheidungen der Gerichte zur Abberufung von Vorständen, so wäre die Abberufung von Kahn sehr sportlich. Immerhin sind für die letzten Niederlagen und das Ausscheiden aus Pokal und Champions League auch Trainer und Spieler nicht unschuldig. Sie stehen auf dem Platz; nicht Kahn.

Was ist mit dem Vorstandsvertrag von Kahn?

Wichtig zu wissen ist, dass die Abberufung („Absetzung“) von Kahn grundsätzlich losgelöst von seinem (sicherlich gut dotierten) Vorstandsvertrag mit der FC Bayern München AG zu beurteilen ist. Beide Ebenen – Vorstandsamt und Vorstandsvertrag – sind grundsätzlich voneinander getrennt zu behandeln. Die Abberufung von Kahn würde damit grundsätzlich nicht automatisch zur sofortigen Beendigung des Vorstandsvertrages führen. Zwar ist bei einer Abberufung (aus wichtigem Grund) auch immer an eine außerordentliche Kündigung zu denken, doch die Kriterien für Abberufung und außerordentliche Kündigung sind nicht identisch.

In der Praxis wird daher gern mit sogenannten Kopplungsklauseln gearbeitet: Die Laufzeit des Vertrages wird an die Laufzeit des Vorstandsamtes gekoppelt. Derartige Klauseln sind aber mit rechtlichen Unsicherheiten behaftet und nicht selten unwirksam.

Bekäme Kahn eine Abfindung?

Häufigster Grund für die Beendigung des Vorstandsvertrages ist eine einvernehmliche Einigung der Beteiligten über die Beendigung des Vorstandsvertrages. Damit verbunden ist natürlich die wichtige Frage: Bekommt Kahn eine Abfindung, wenn sein Vertrag beendet würde?

Nun, das hängt maßgeblich von seinem Vertrag ab. Sieht dieser eine solche Abfindung für die vorzeitige Beendigung des Vorstandsvertrages vor, dann kann Kahn diese auch gerichtlich einklagen. Sieht der Vertrag keine Abfindung vor, so kann er diese nur im Verhandlungswege erreichen – zum Beispiel, wenn der Vertrag trotz Abberufung als Vorstand weiterläuft.

Take-aways für den Aufsichtsrat

Aufsichtsräte bestellen Vorstände meist für die maximale Dauer von fünf Jahren. Dies führt zu langen, fünf Jahre laufenden Vorstandsverträgen. Aufsichtsräte sollten daher immer in Erwägung ziehen und entsprechend verhandeln, Vorstände – insbesondere bei Erstbestellungen – für eine kürzere Zeit als fünf Jahre zu bestellen.

Ausführliche Informationen zu diesem Thema: Abberufung, Kündigung (und Amtsniederlegung) des Vorstandes der AG