Grunderwerbsteuer bei Verschmelzungen?

BFH zur Steuerbefreiung bei Umstrukturierungen

Veröffentlicht am: 27.05.2020
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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BFH zur Steuerbefreiung bei Umstrukturierungen

Ein Beitrag von Dirk Mahler, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater in Berlin

Die Umstrukturierung von Unternehmen ist aus steuerlichen Gründen oftmals ein komplexes Unterfangen. Häufig geht es dabei um die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Aufdeckung sogenannter stiller Reserven vermieden werden kann.

Soweit ein von einer Umwandlung betroffenes Unternehmen Grundbesitz hält, ist als weiteres Problemfeld die Grunderwerbsteuer zu beachten. Aufgrund der Entwicklung der Steuersätze in den letzten Jahren hat die Thematik in der Praxis an erheblicher Bedeutung gewonnen. Eine hinsichtlich der Ertragsteuer buchwertneutrale Umwandlung führt dabei nicht automatisch zu einer Befreiung von der Grunderwerbsteuer. Das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) sieht dabei weitere Einschränkungen vor.  

Da die Grunderwerbsteuer ein erhebliches Hindernis für notwendige Unternehmensumwandungen sein kann, hat der Gesetzgeber mit § 6a GrEStG die Voraussetzungen für eine grunderwerbsteuerneutrale Umwandlung geschaffen. Die Überschrift der Vorschrift lautet „Steuervergünstigungen bei Umstrukturierungen im Konzern“. Der Wortlaut der Vorschrift hat eine gewisse Komplexität. Augenscheinlich hatte der Gesetzgeber bei der Formulierung der Vorschrift konzerninterne Vorgänge im Blick. Daher war umstritten, ob die Steuerbefreiung auch dann greift, wenn und soweit eine Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine natürliche stattfindet.  

BFH stellt sich gegen die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Fall (Urt. v. 21.08.2019 – II R 15/19) nunmehr zugunsten des Steuerpflichtigen und entgegen der von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsauffassung entschieden. Die Steuervergünstigung des § 6a GrEStG setzt zunächst eine Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz voraus. Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz sind Verschmelzungen, Spaltungen oder Vermögensübertragungen.

Das Umwandlungsgesetz schränkt dabei die formwechselnden Rechtsträger und die Rechtsträger der Zielgesellschaften ein. Zulässige Formwechsel wären demnach beispielsweise die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft oder einer Personenhandelsgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft. Demnach ist die Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Einzelperson nicht vorgesehen.

Weitere Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung des GrEStG sind, dass die an der Umwandlung beteiligten Unternehmen mittelbar oder unmittelbar in einem Beherrschungsverhältnis zueinander stehen und dass dieses Beherrschungsverhältnis vor der Transaktion ununterbrochen fünf Jahre andauerte. 

Eingetragene Kauffrau als Alleingesellschafterin einer GmbH

Bei der steuerpflichtigen Klägerin handelte es sich um eine Einzelkauffrau mit dem Rechtsformzusatz „eingetragene Kauffrau“. Sie war Alleingesellschafterin einer GmbH, zu deren Vermögen inländische Grundstücke gehörten. Im Jahr 2010 übertrug die GmbH ihr Vermögen als Ganzes im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme auf sich selbst.

Die Finanzverwaltung sah die Voraussetzungen einer Befreiung von der Grunderwerbsteuer als nicht erfüllt an, da die Klägerin im Verhältnis zur GmbH kein herrschendes Unternehmen sei, da sie die Anteile an der GmbH ertragsteuerlich im Privatvermögen und nicht im Betriebsvermögen gehalten habe. Dieser Argumentation schloss sich das Finanzgericht in der ersten Instanz an und entschied folglich gegen die Klägerin.

Auf die Rechtsform kommt es nicht an

Der BFH folgte den Argumenten der Finanzverwaltung nicht. Die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung seien gegeben. Auf die Rechtsform der an der Umwandlung beteiligten Unternehmen komme es anders als bei der Ertragsteuer nicht an. Mangels entsprechender ausdrücklicher Eingrenzung gelte die Vorschrift für alle Rechtsträge im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes. Allein aus dem Wortlaut der Vorschrift ergeben sich nicht, dass die Unternehmen in einer bestimmten Rechtsform organisiert sein müssten. Herrschendes Unternehmen können folglich aus Einzelunternehmen, Personen- und Kapitalgesellschaften sowie natürliche und juristische Personen sein, die wirtschaftlich tätig sind.

Ferner kommt es nicht darauf an, ob die Beteiligung an dem abhängigen Unternehmen im Betriebs- oder Privatvermögen gehalten werde. Diese Unterteilung sei ausschließlich ertragssteuerrechtlicher Natur und könne nicht auf die Grunderwerbsteuer übertragen werden. Letztlich stellt der BFH klar, dass es unerheblich sei, dass das Beherrschungsverhältnis nach der Verschmelzung nicht mehr weiter andauere. Die gesetzliche Regelung, nach welcher die beherrschende Beteiligung für fünf weitere Jahre nach der Umwandlung aufrechterhalten werden müsse gelte nicht, wenn die Nichteinhaltung der Nachbehaltungsfrist auf umwandlungsbedingten Gründen beruhe.