Es geht um die Wurst
Keine Abberufung des Geschäftsführers im Tönnies-Gesellschafterstreit
Keine Abberufung des Geschäftsführers im Tönnies-Gesellschafterstreit
Ein Gastbeitrag von Sonja Dähnhardt
Schon seit Jahren tobt im Familienunternehmen der Schlachterdynastie Tönnies ein erbitterter Streit um die Machtverhältnisse. Vor dem LG Bielefeld sind zur Zeit mehrere Prozesse anhängig. Schalke 04-Boss Clemens Tönnies errang nun vor dem OLG Hamm einen Teilerfolg.
Etappensieg für Clemens Tönnies
Sein Neffe, Robert Tönnies, wollte den langjährigen Geschäftsführer Josef Tillmann, ein enger Vertrauter Clemens Töppies, als Geschäftsführer abberufen. Als Grund hierfür gab er eine falsche Zeugenaussage vor Gericht an, in der es um die Aufteilung der Gesellschaftsanteile durch den verstorbenen Bernd Tönnies ging. Schon das LG Bielefeld sah keine Beweise für eine solche Falschaussage und wies die Klagen zur Abberufung bereits zweimal ab. Diese Einschätzung teilte nun auch das OLG Hamm und wies eine weitere Klage ab; man habe keine Pflichtverletzung durch Tillmann erkennen können. Eine Revision ließ das OLG nicht zu.
Komplexe Spieregeln für die Abberufung eines Geschäftsführers
Grundsätzlich ist die Abberufung eines Geschäftsführers wesentlich komplexer als das Ausscheiden eines gewöhnlichen Angestellten aus einem Unternehmen. Da es sich bei einem Geschäftsführer aus rechtlicher Sicht gerade nicht um einen gewöhnlichen Angestellten handelt, finden die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes auf seine Abberufung keine Anwendung. Vielmehr müssen eine ganze Reihe gesellschaftsrechtlicher und auch dienstvertraglicher Besonderheiten berücksichtigt werden. Zunächst bedarf es einer Abberufung in der Gesellschafterversammlung mit gleichzeitiger Beschlussfassung zur Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags.
Wann kann ein Geschäftsführer abberufen werden?
Grundsätzlich kann ein Geschäftsführer ohne wichtige Gründe jederzeit mit der Mehrheit der Gesellschafterstimmen abgerufen werden. Wenn allerdings die Satzung eine Abberufung nur aus wichtigem Grund vorsieht oder ein Minderheitsgesellschafter gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer eine Abberufung durchsetzen will, bedarf es eines wichtigen Grundes. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Geschäftsführer eine grobe Pflichtverletzung vorgeworfen werden kann oder aus anderen Gründen eine derartige Unfähigkeit zur Geschäftsführung besteht, die den Verbleib in der Geschäftsführerposition unzumutbar macht.
Von der Abberufung ist die Kündigung des Geschäftsführervertrags zu unterscheiden. Besonders bei der Kündigung aus wichtigem Grund kommt es regelmäßig zu Streitigkeiten und es entsteht ein großer Beratungsbedarf. Häufig entsteht bei Gesellschafterkonflikten ein Schwebezustand, sodass eine Klärung der Situation nur noch durch gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden kann.
Die ungewisse Zukunft des Tönnies-Konzerns
Eine solche gerichtliche Entscheidung musste auch im Falle des Tönnies-Konzerns her. Die als Pflichtverletzung vorgebrachte Falschaussage konnte dem Geschäftsführer dabei nicht nachgewiesen werden. Damit fehlte es an dem wichtigen Grund für die Abberufung. Der in dem Familienkonzern tobende Machtkampf stellt ein Paradebeispiel eines ausgewachsenen Gesellschafterstreits dar. Neben den gesellschaftsrechtlichen Streitpunkten spielen bei der Familie Tönnies auch Fragen aus dem Bereich des Erbrechts eine Rolle.
Wenn sich bei Gesellschaftern finanzielle und emotionale Motive mischen, bleibt die Funktionalität eines Unternehmens oft auf der Strecke. So herrscht im Tönnies-Konzern seit Jahren eine Patt-Situation. Die Konzernleitung ist dadurch weitestgehend handlungsunfähig. Durch die Entscheidung des OLG Hamm wurde nun zumindest auf einem der Nebenkriegsplätze Klarheit geschafft. Doch wie sich die Machtverhältnisse des Konzerns in Zukunft verteilen werden, und ob überhaupt eine Aussicht auf eine friedliche Unternehmensführung besteht, bleibt ungewiss und abzuwarten.
(Bild: Copyright Coloures-pic, Fotolia.com)