Erben in der Insolvenz

BGH zur Herausgabe von ererbtem Vermögen während der Wohlverhaltensphase.

Veröffentlicht am: 03.05.2013
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
Lesedauer:

In der Privatinsolvenz gibt es für die sogenannte Wohlverhaltensphase genaue Regelungen, wie sich der Schuldner verhalten muss. Für den Fall einer Erbschaft während dieser Zeit regelt § 295 Abs. 1 Nr. 2 Insolvenzordnung (InsO), dass das geerbte Vermögen zur Hälfte an den Treuhänder herauszugeben ist.

Der BGH hat nun in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 10. Januar 2013, IX ZB 163/11) umfassend zur Herausgabe von ererbtem Vermögen während der Wohlverhaltensphase Stellung genommen. Im Kern urteilte der BGH, dass der Schuldner seiner Pflicht zur Herausgabe der halben Erbschaft durch Zahlung des entsprechenden Geldbetrages nachkommen muss. Diese Obliegenheit könne auch nicht durch Übertragung eines Miterbenanteils erfüllt werden. Falls dann die Herausgabepflicht nur durch Versilberung des Erbes realisiert werden könne, müsse dem Schuldner vor der Entscheidung über den Antrag auf Restschuldbefreiung Gelegenheit gegeben werden, diese Liquidierung zu betreiben.

Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, indem die Schuldnerin in der Insolvenz  gemeinsam mit ihrem Bruder als Erbengemeinschaft u.a. ein bebautes Grundstück von Todes wegen vom Vater erwarb. Die Schuldnerin unterrichtete zwar den Treuhänder des Insolvenzverfahrens, zahlte jedoch nicht den hälftigen vom Nachlassgericht ermittelten Wertes ihres Anteils. Daraufhin beantragte einer der Gläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung und das Insolvenzgericht kam diesem Antrag nach. Da das Landgericht diese Entscheidung wieder aufhob, musste letztlich der BGH wie dargestellt entscheiden. Zentrale Argumentation war dabei die Frage, ob die Schuldnerin alles ihr mögliche und zumutbare unternommen hat und noch unternimmt, um ihren Anteil am Nachlass zu verwerten und mit dem Verwertungserlös ihrer Obliegenheit aus § 259 Abs. 1 Nr. 2 InsO nachzukommen.

Hintergrund

§ 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO ermöglicht es dem Schuldner in der Privatinsolvenz geerbtes Vermögen zumindest hälftig zu erwerben. Ohne diese Möglichkeit würden die Beteiligten bei einem Erbfall wohl entweder im Vorfeld durch Testamentsgestaltung oder danach durch Ausschlagung versuchen, dass Vermögen dem Zugriff der Gläubger zu entziehen, was widerum nicht deren Sinne wäre.

Die Verwertung von Nachlassgegenständen zur Erfüllung der Pflicht der Geldzahlung an den Treuhänder ist bei Erbengemeinschaften regelmäßig problematischer als bei Alleinerben. Jeder Miterbe hat zwar grundsätzlich rechtlich einen Anspruch darauf, dass die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt wird. Können sich die Mitglieder der Erbengemeinschaft jedoch nicht auf eine Verteilung der Nachlassgegenstände einigen und gibt es auch keine Teilungsanordnung des Erblassers im Testament, kann die Auseinandersetzung nur zwangsweise erfolgen. Bei Immobilien ist dafür eine Teilungsversteigerung notwendig. Diese dauert erfahrungsgemäß mindestens ein Jahr bis das Objekt überhaupt unter den Hammer kommt. Und steht noch nicht einmal fest, dass jeder Miterbe über seinen "Anteil" am Versteigerungserlös verfügen kann. Auch hierfür ist nämlich eine Einigung aller Mitglieder der Erbengemeinschaft notwendig, so dass nicht selten viele Jahre ins Land gehen, bis alle Nachlassgegenstände versilbert sind und dann erfolgreich von einem Erben ein Teilungsplan in einer Teilungsklage eingeklagt werden kann.