Die Frage nach der Abstammung
Vaterschafts- versus Abstammungsfeststellung
Vaterschafts- versus Abstammungsfeststellung
Ein Beitrag von Sybill Offergeld, Fachanwältin für Familienrecht und Erbrecht
Mater semper certus est - Pater semper incertus est – schon die alten Römer wussten es. Die Mutter ist stets gewiss – der Vater stets ungewiss, ein lateinisches Rechtssprichwort.
Der juristische Weg zur Vaterschaft
Das Abstammungsrecht ist nicht einfach. Auch ohne die Herausforderungen die im Zusammenhang mit der modernen Reproduktionsmedizin entstehen, kann es zu schwierigen Situationen kommen – auch juristisch. Nicht immer ist der biologische Vater eines Kindes bekannt. Manches Mal ist er es auch nur vermeintlich, denn der rechtliche Vater ist in manchen Fällen nicht mit dem biologischen Vater identisch.
Rechtlich kann Vater werden, wer mit der Mutter verheiratet ist oder die Vaterschaft wirksam anerkannt hat. Dieser Mann kann ein anderer sein als der biologische Vater.
Wenn der biologische Vater mutmaßlich bekannt ist, gibt es juristische Möglichkeiten, die Abstammung – und auch die Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen. Zwischen diesen Verfahren, dem Abstammungs- und dem Vaterschaftsfeststellungsverfahren, gibt es Unterschiede:
Die Vaterschaftsfeststellung
Die Vaterschaft eines Kindes kann gerichtlich festgestellt werden, wenn diese nicht schon durch die Anerkennung der Vaterschaft geklärt, oder durch die Ehe der Eltern vermutet wird. Dieses Verfahren ist beim Familiengericht zu betreiben.
Die Vaterschaft wird durch einen Vaterschaftstest festgestellt. Dabei werden eine Speichel- oder eine Blutprobe jeweils des mutmaßlichen Vaters und des Kindes genetisch untersucht. Weigert sich der vermutliche Vater an dem Beweisverfahren durch die Duldung einer Blutentnahme mitzuwirken, kann das Gericht durch die Anordnung von Zwangsmaßnahmen darauf hinwirken; zum Beispiel kann eine Zwangsvorführung mit Hilfe der Polizei zur Probenentnahme durchgeführt werden.
Ergibt der Test, dass die Vaterschaft besteht, so wird diese gerichtlich festgestellt, mit allen rechtlichen Folgen. Das bedeutet, dass ab dem Gerichtsbeschluss die rechtlichen Wirkungen einer Eltern-Kind-Beziehung bestehen. Dies schließt auch gesetzliche Ansprüche ein, wie Unterhalt und Erbschaftsrechte.
Die Vaterschaftsanfechtung
Wenn eine rechtliche Vaterschaft besteht, der biologische Vater aber mutmaßlich ein anderer Mann ist, so kann das dargestellte Vaterschaftsfeststellungsverfahren kombiniert mit der Anfechtung der bereits bestehenden Vaterschaft betrieben werden.
Auch hier wird die Vaterschaft am Ende des Verfahrens festgestellt, sofern sie besteht findet also ebenfalls eine Eltern-Kind-Zuordnung statt.
Die Abstammungsfeststellung
Das Abstammungsverfahren wurde neu eingeführt und dient nur der Feststellung der Abstammung. Mit diesem Verfahren wir keine neue Vaterschaft begründet, es ist ein selbständiges Klärungsverfahren und führt zu keinerlei Korrektur der Eltern-Kind-Zuordnung.
Das Verfahren dient lediglich der Stärkung des Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung, sowie der Verwirklichung des Anspruchs des rechtlichen Vaters auf Kenntnis der Abstammung des Kindes. Dabei soll es lediglich Abstammungsklärungen innerhalb der rechtlichen Familie ermöglichen. Ein Anspruch auf isolierte Abstammungsklärung gegenüber dem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater folgt aus diesem Verfahren nicht. Dies hat auch das Bundesverfassungsgericht mit einer neuern Entscheidung klargestellt:
"Das allgemeine Persönlichkeitsrecht [...] verpflichtet den Gesetzgeber nicht dazu, neben dem Vaterschaftsfeststellungsverfahren [...] auch ein Verfahren zur isolierten, sogenannten rechtsfolgenlosen, Klärung der Abstammung von einem mutmaßlich leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater bereitzustellen" (BVerfG 19.04.2016 - 1 BvR 3309/13).