Die Erbschaftsteuerreform der Grünen

Stundung statt Befreiung für Unternehmenserben

Abschaffen oder erhöhen? Die Erbschaftsteuer wird wieder zum Wahlkampfthema. Die Grünen haben sich bereits positioniert.

Veröffentlicht am: 04.12.2024
Qualifikation: Fachanwältin für Steuerrecht
Lesedauer:

Auch im kommenden Bundestagswahlkampf wird die Erbschaftsteuer wieder eine Rolle spielen. Schließlich geht es um ganz grundsätzliche gesellschaftliche Fragen. Einige Parteien haben sich bereits beim Gerechtigkeitsthema Erbschaft und Schenkung positioniert. So auch die Grünen mit einem vorläufigen Beschluss der Bundesdeligiertenkonferenz vom 16. November 2024.

Grüne bemängeln Ungerechtigkeit im Steuersystem

In dem Beschluss kritisieren die Delegierten, dass Erwerbsarbeit und Konsum in Deutschland stark besteuert würden, während „kaum Erbschaft- und Schenkungsteuer auf die riesigen privaten Vermögen in Deutschland entrichtet“ würden. Das führe zu einer wachsenden Ungleichverteilung beim Vermögen und tendenziell zu einer “Erbengesellschaft”, die das Prinzip der Chancengleichheit untergrabe. Angestrebt werde daher eine Reform, die zu höheren Steuereinnahmen aus Erbschaften und Schenkungen führe.

Einheitlicher Lebensfreibetrag

Bei den Freibeträgen für Erbschaften können sich die Grünen durchaus eine Erhöhung vorstellen - allerdings nur, soweit das durch die Schließung von Lücken “am ganz oberen Ende” kompensiert werde. Aktuell liegen die Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer bei z.B. bei 500.000 Euro für Ehegatten, 400.000 für Kinder und 20.000 Euro für entferntere Verwandte und familienfremde Personen. Diese Beträge gelten jedoch schon seit 2009 und wurden bisher nicht an die Wertsteigerungen bei Immobilien und anderen Vermögensklassen angepasst. 

Konkret fordern die Grünen statt der jetzigen unterschiedlichen Freibeträge einen “gleichen großzügigen Lebensfreibetrag” für alle. Das ist wohl so zu verstehen, dass es nicht wie bisher bei jedem Erbfall den gesamten Freibetrag gibt, sondern die Erbschaften zusammengerechnet werden. Was die Partei unter “großzügig” versteht, bleibt abzuwarten. Es müsste aber wohl ein Betrag sein, der sehr deutlich über den jetzigen Freibeträgen in der Kernfamilie liegt, da ausdrücklich nur “die höchsten Erbschaften” von der Steuer betroffen sein sollen. 

Linearer Steuersatz von 25 Prozent denkbar

Welcher Steuersatz für Erbschaften und Schenkungen oberhalb des neuen Lebensfreibetrags gelten soll, bleibt ebenfalls noch vage. Laut Beschluss “könnte z.B. ein linearer Steuersatz von etwa 25 %" gelten. Derzeit sieht das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz Steuersätze zwischen 7 Prozent und 50 Prozent vor - abhängig vom Verwandtschaftsverhältnis und dem steuerpflichtigen Erbe. 

Der von den Grünen vorgeschlagene Einheitssteuersatz soll für alle Vermögensklassen gelten, also für Immobilien ebenso wie für Betriebsvermögen oder Aktien. 

Weniger Steuerbefreiungen - vor allem für Betriebe

Ein wichtiges Anliegen ist den Grünen die Verringerung der Ausnahmen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Im Wesentlichen sollen von den Steuerbefreiungen nur die des § 13 ErbStG übrig bleiben. In dieser Norm ist insbesondere die Befreiung für die sogenannten Familienheime geregelt. Diese können am Fiskus vorbei vererbt werden, wenn sie von einem erbenden Ehegatten oder Kind 10 Jahre weiter bewohnt werden. 

Abgeschafft werden sollen dagegen die Privilegien für die Erben von Unternehmen. Aktuell führen sie dazu, dass besonders hohe Erbschaften, die oft überwiegend aus Betriebsvermögen bestehen, besonders gering mit Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer belastet würden. Die Grünen sehen laut Beschluss die “Herausforderung” bei der Vererbung von Betriebsvermögen und wollen auch Arbeitsplätze schützen. Dem wollen sie vor allem mit einer langjährigen Stundungsmöglichkeit begegnen. So ließe sich die Liquidität der Unternehmen schonen und Arbeitsplätze sowie Investitionen sichern. Für viele Unternehmer und vor allem die einschlägigen Lobby-Organisationen dürfte eine solche Reform der Erbschaftsteuer auf Unternehmen aber dennoch ein rotes Tuch sein.

Unternehmen vererben

Rechtsanwalt Bernfried Rose erklärt in diesem Video, worauf man beim Erben bzw. Vererben von Betriebsvermögen achten sollte - vom Unternehmertestament bis zur Erbschaftsteuererklärung.