Streitfall Abmahnbarkeit von Datenschutzverstößen

Erste gerichtliche Entscheidungen zu DSGVO-Abmahnungen

Veröffentlicht am: 07.11.2018
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Erste gerichtliche Entscheidungen zu DSGVO-Abmahnungen

Die von einer Datenverarbeitung betroffenen Personen – regelmäßig die Verbraucher – sind durch das Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) deutlich in ihren Rechten gestärkt worden. Fraglich ist, ob Datenschutzverstöße aufgrund dessen zu einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung durch Konkurrenten führen können. Das Landgericht Würzburg hat diese Möglichkeit in Bezug auf eine unzureichende Datenschutzerklärung erstmals bejaht.

Abmahnungen wegen DSGVO-Verstößen – die Voraussetzungen

Die Frage, ob Verstöße gegen die Regelungen der DSGVO zu Abmahnungen seitens eines Mitbewerbers führen können, ist umstritten. Ein Verstoß, beispielsweise eine fehlerhafte Datenschutzerklärung, müsste auch einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) darstellen. Dies wäre der Fall, wenn die Vorschriften der DSGVO unter die Regelung des § 3a UWG fallen würden. Dieser sieht vor, dass derjenige unlauter handelt, der einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Ob ein Datenschutzverstoß eine gesetzliche Vorschrift im Sinne des UWG verletzt, ist folglich das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Abmahnbarkeit. Die Vorschriften der DSGVO könnten dieses Kriterium erfüllen.

Das Landgericht Bochum lehnt Abmahnungen bei Datenschutzverstößen ab

Im August diesen Jahres äußerte sich das Landgericht Bochum bezüglich dieser Streitfrage (LG Bochum, Urteil v. 07.08.2018, Az. 12 O 85/18). Das Gericht entschied, dass Verstöße gegen die DSGVO einen Mitbewerber regelmäßig nicht zu einer Abmahnung im Sinne des UWG berechtigen.

Die Richter stützten diese Entscheidung auf die Tatsache, dass die DSGVO selbst solche Ansprüche ausschließt. Gemäß Art. 80 Abs. 2 DSGVO regelt die Datenschutzgrundverordnung die Rechtsfolgen von Verstößen gegen die DSGVO abschließend. Daher sind Rechtsbehelfe anderer Rechtsquellen – einschließlich des UWG – nicht anwendbar. Nach Ansicht des Landgerichts Bochum wollte der Unionsgesetzgeber die Inanspruchnahme des Verletzenden durch einen Mitbewerber explizit ausschließen.

LG Würzburg hält Datenschutzverstöße für abmahnbar

Das Landgericht Würzburg entschied über den Fall einer Rechtsanwältin, die auf ihrer Homepage nur eine siebenzeilige Datenschutzerklärung auswies (LG Würzburg, Beschluss v. 13.09.2018, 11 O 1741/18). Diese Datenschutzerklärung beinhaltete nicht alle zwingenden Angaben im Sinne des Datenschutzrechts. Das LG Würzburg untersagte der Rechtsanwältin aufgrund dessen den weiteren Betrieb dieser Website ohne die erforderlichen Datenschutzhinweise.

Die Begründung der Richter fiel denkbar knapp aus. Nach Auffassung des Landgerichts Würzburg stellen Datenschutzverstöße auch Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht im Sinne des § 3a UWG dar. Daher können diese von jedem Mitbewerber abgemahnt werden.

Erste obergerichtliche Entscheidung aus Hamburg: DSGVO-Verstöße sind abmahnbar

Dieser Ansicht folgten auch die Richter am Oberlandesgericht Hamburg in einem aktuellen Urteil (Urteil vom 25. Oktober 2018, 3 U 66/17). Ausführlich wird im Urteil erläutert, dass die Sanktionsregelungen der DSGVO eben nicht abschließend sind und damit Raum für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen bleibt. Ein deutlicher Fingerzeig in Richtung Abmahnbarkeit bei DSGVO-Verstößen.

Ein Blick in die Zukunft – Kommt es zu einer Abmahnwelle?

Die Entscheidungen des Landgerichts Würzburg und des Oberlandesgerichts Hamburg könntne erhebliche Folgen für die Praxis haben. Allerdings ist die Abmahnbarkeit von Datenschutzverstößen auch weiterhin höchst umstritten. Über die Auslegung des Art. 80 DSGVO und ob dieser tatsächlich abschließend zu verstehen ist, wird es daher auch in Zukunft Streit geben – bis diese Frage durch die Gerichte abschließend geklärt wird. Daher bleibt abzuwarten, ob die Zahl der Abmahnungen in Zukunft ansteigt. In jedem Fall sollten Unternehmer und Betreiber von Internetseiten die datenschutzrechtlichen Vorgaben umsetzen und einhalten, um kostenintensiven Abmahnungen vorzubeugen.