Briefumschlag mit Adressaufkleber als Testament?
Anforderungen an die wirksame letztwillige Verfügung
Bei der Erbfolge kommt es nicht selten darüber zum Streit, welche Dokumente den Formerfordernissen eines gültigen Testaments entsprechen.
Im Erbscheinverfahren geht es nicht selten kurios zu. Das gilt vor allem, wenn Beteiligte ihre behauptete Erbenstellung auf formell eigenwillige vermeintliche Testamente stützen. Zu den Grenzen bei der Errichtung handschriftlicher Testamente hat kürzlich das Oberlandesgericht München eine interessante Entscheidung getroffen (OLG München, Beschluss vom 23. Juli 2024 – Az 33 Wx 329/23).
Fensterbriefumschlag mit Anmerkungen und Adressaufkleber
Beantragt wurde der Erbschein von einem Mann, der beim Nachlassgericht einen Fensterbriefumschlag einreichte, der folgende Merkmale aufwies:
- Neben dem Fenster stand eingekreist „kl. Test“
- Über dem Fenster stand der Name der Erblasserin und darunter „Familie F. Liebe Grüße!!! Internet alles löschen Seelenmess! Rechter Schrank schw. Kleid Schultertuch Gab:2’Rest dir.“
- Neben dem Wort „Schultertuch“ stand etwas geschrieben, das möglicherweise die Unterschrift der Erblasserin war.
- Neben „Rest dir“ war ein Pfeil gezeichnet, der zu einem Adressaufkleber mit dem maschinengeschriebenen Namen des Antragstellers zeigte.
In diesem Gesamtkunstwerk konnte weder das Nachlassgericht, noch das OLG München ein gültiges Testament erkennen
Handschriftlichkeit und Unterschrift unerlässlich
Vor allem bemängelten die Richter die fehlende Handschriftlichkeit aufgrund des maschinellen Adressaufklebers. Das eigenhändig errichtete Testament muss mit der Hand geschrieben werden, damit man die Echtheit prüfen kann. Auch, so das OLG, dürfe eine letztwillige Verfügung keine Pfeile oder andere Symbole erhalten.
Letztlich wurde der Erbschein aber vor allem auch wegen der fehlenden Unterschrift verwehrt. Jedes handschriftliche Testament muss mit einer wirksamen Unterschrift abgeschlossen werden. Der Schriftzug neben dem Wort „Schultertuch“ erfüllte diese Abschlussfunktion nicht.
So wird der letzte Wille gültig
Testamente können sowohl vor einem Notar durch Beurkundung als auch eigenhändig wirksam errichtet werden (§ 2247 Absatz 1 BGB). Wer seinen letzten Willen ohne Notar selbst auf den Weg bringt, sollte sich über die formellen Anforderungen informieren oder sich von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten lassen.