Brautgabeanspruch bei Scheidung
AG München verlangt notarielle Beurkundung
AG München verlangt notarielle Beurkundung
Ein Beitrag von Sonja Dähnardt
Ehen in Deutschland werden inzwischen nicht mehr so häufig geschieden wie noch vor einigen Jahren. 2017 betrug die Scheidungsrate nur noch 37,67 Prozent. Ein positiver Trend, doch das bedeutet immer noch, dass auf jede Eheschließung im letzten Jahr 0,4 Scheidungen kamen. Wer nicht im Vorfeld bereits mittels Ehevertrag alle Eventualitäten ausgehandelt hat, der steht im Scheidungsfall vor der Herausforderung, das gemeinsame Leben auseinandersetzen zu müssen. Hier kommt regelmäßig der Scheidungsanwalt ins Spiel. Und der hat keine leichte Aufgabe. Zumeist machen sich die Verliebten keinerlei Vorstellungen vom Ende ihrer Liebe, zu fest sitzt die rosarote Brille. Dass sich Vorsicht aber lohnen kann, zeigt sich am Beispiel eines Paares aus München, dessen Rosenkrieg zuletzt das Amtsgericht München beschäftigte (Beschluss vom 24.08.2017 - 527 F 12575/17).
Kurze Ehe endet vor Gericht
Das betreffende Paar traute sich 2016 zunächst vor dem Standesamt München und kurze Zeit später auch nach sunnitischem Ritus. Über das Risiko einer Trennung und einer eventuelle Scheidung machten sich die beiden dabei keinerlei ernsthafte Gedanken, wie sie später erklärten. Der islamischen Tradition entsprechend vereinbarten sie aber eine Mahr in Höhe von 4.000 Euro. Diese wurde im Rahmen der rituellen Trauung im Trauschein festgesetzt und von beiden unterschrieben.
Erst nach dieser religiösen Zeremonie zogen die Verliebten zusammen, um sich wenige Monate später wieder zu trennen. Die kurze Ehe wurde im Herbst 2017 wieder geschieden.
Uneinigkeit über Wirksamkeit der Mahr
Nun forderte die ehemalige Braut von ihrem Ex-Mann die versprochene Mahr ein. Ihrer Ansicht nach handele es sich bei einer derartigen Vereinbarung um eine zwingende Voraussetzung für eine gültige Ehe und zwar in der Form eines Schuldversprechens. Dieses wäre dem Brauche nach bis zum Eintritt des Scheidungsfalls gestundet worden.
Ihr Ex-Ehemann sah das ganz anders. Er habe nie ein derartiges Versprechen geben wollen und habe nur dem Wunsch seiner damaligen Partnerin nach einer religiösen Trauung nachgegeben. Dabei sei die Ehe nicht durch einen ordnungsgemäß bestellten Geistlichen und nicht in korrekter Form geschlossen worden, weshalb er sich nicht an ein Mahrversprechen gebunden fühle. Ein solches hätte ohnehin notariell beglaubigt werden müssen um bindend zu sein. Zur Sicherheit verwies er noch auf diverse Geld- und Goldgeschenke, durch die eine eventuelle Schuld jedenfalls erfüllt sei.
Rosenkrieg vor dem Amtsgericht München
Nun stand das Gericht vor zwei entscheidenden Fragen: Ist die Vereinbarung überhaupt nach deutschem Recht zu behandeln, und wenn ja, welche Rechtsnatur hat eigentlich eine Mahr? Zunächst stellte das Amtsgericht fest, dass die Beteiligten zum Zeitpunkt der Eheschließung keine gemeinsame ausländische Staatsangehörigkeit hatten. Tatsächlich war der Bräutigam türkischer Staatsangehörigkeit und die Braut Deutsche. Beide hatten ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland, weshalb die gesamte Eheschließung nach deutschem Recht zu beurteilen sei.
Das Brautgabeversprechen war nun als unabdingbare Voraussetzung für die religiöse Trauung vereinbart worden. Und zwar, so wertete das Gericht, mit Rechtsbindungswillen. Nun könnte es sich um eine Schenkung handeln. So wird die Mahr auch im türkischen Recht als Schenkung behandelt. Allerdings sah die Münchner Richterin wohl im Eingehen der Ehe eine Gegenleistung, wie sie die Schenkung nach deutschem Recht gerade nicht vorsieht. Eine direkte Anwendung der Schenkungsvorschriften käme daher nicht in Frage.
Schenkungsvorschriften sind anwendbar
Die Interessenlage sei jedoch hinreichend vergleichbar, und es bestehe eine ausreichende Regelungslücke, weshalb eine analoge Anwendung geboten sei. Insbesondere, da bei der Mahr häufig Summen vereinbart werden, die existenzbedrohende Ausmaße annehmen könnten, sei es daher erforderlich die Warnfunktionen die an Schenkungsversprechen gestellt werden heranzuziehen. Das Mahrversprechen sei daher wie ein Schenkungsversprechens notariell beurkunden zu lassen. Da eine solche Beurkundung im vorliegenden Fall nicht erfolgt sei, hätte die Frau nach der Scheidung auch keinen Anspruch auf die verlangten 4000 Euro.
Besondere Herausforderung an Familienrechtsanwälte
Dieser Fall zeigt, welche komplizierten Folgen eine Ehe haben kann. Auch wenn es häufig nicht den romantischen Vorstellungen entspricht - es kann viel Ärger ersparen, einen Rechtsanwalt aufzusuchen, bevor man den Bund fürs Leben schließt. Hier stehen Familienrechtsanwälte vor besonderen Herausforderungen, wenn Paare mit verschiedenen kulturellen und religiösen Hintergründen die Ehe eingehen wollen und jeweils eigene Vorstellungen aus diversen Kulturkreisen mitbringen. Ein guter Anwalt sollte die Wünsche des Paares verstehen und dem geltenden Recht entsprechend umsetzen. So kann er zwar nicht für eine glückliche Ehe garantieren, er kann aber dafür sorgen, im Trennungsfall keine zusätzlichen Streitpunkte aufkommen zu lassen.