BFH entschärft den 90%-Test bei der betrieblichen Erbschaftsteuer

Steuerliche Erleichterung beim Vererben von Unternehmen

Die Entscheidung des BFH wird den steuerneutralen Generationswechsel im Unternehmen erleichtern.

Veröffentlicht am: 01.02.2024
Qualifikation: Fachanwalt für Steuerrecht & Steuerberater
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Wer ein Unternehmen vererbt, sollte rechtzeitig an die Steuer denken. Bei der Erbschaftsteuer für Unternehmen winkt schließlich eine umfassende Steuerbefreiung. Insoweit ist das betriebliche Vermögen gegenüber Privatvermögen privilegiert. Das ist aber an strenge Voraussetzungen geknüpft - sowohl hinsichtlich des Betriebs als auch dessen Fortführung. Der Gesetzgeber will insbesondere nur aktives Betriebsvermögen – also Vermögen, welches unmittelbar nach seinem Hauptzweck der gewerblichen Tätigkeit des Unternehmens dient, begünstigen, nicht aber sogenanntes Verwaltungsvermögen - etwa fremdvermietete Immobilien, Liquidität, Beteiligungen unter 25%.

Ermittlung des Verwaltungsvermögens

Unternehmen bzw. Unternehmensanteile können nur dann von der Erbschaftsteuer befreit werden, wenn das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 90% des Unternehmensvermögens ausmacht. Dieser sogenannte 90%-Test stand in der Vergangenheit vielfach in der Kritik. Der Vorwurf: Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Das Verwaltungsvermögen wird als Bruttowert ins Verhältnis zum Gesamtwert des übertragenden Betriebs gesetzt. Schulden werden dabei nur beim Gesamtwert des Betriebs berücksichtigt, das Verwaltungsvermögen aber nur brutto betrachtet. Also 500.000 Euro Finanzmittel (Bank, Cash, Forderungen)  und 500.000 Euro Verbindlichkeiten führen zu 500.000 Euro Verwaltungsvermögen beim 90%-Test. Damit fallen viele – eigentlich schutzbedürftige – Betriebe durch den 90%-Test durch.

BFH fordert einschränkende Auslegung

Der BFH hat entschieden, dass der 90 %-Test dahingehend auszulegen sei, dass bei Unternehmen, deren begünstigungsfähiges Vermögen aus Finanzmitteln besteht und nach seinem Hauptzweck einer gewerblichen Tätigkeit dient, für den 90%-Test die betrieblich veranlassten Schulden von den Finanzmitteln in Abzug zu bringen sind (BFH, Urteil vom 13. September 2023, II R 49/21). Es werden damit Äpfel mit Äpfeln verglichen.

Der 90%-Test bleibt trotz der Entscheidung des BFH herausfordernd, schon, weil er die einschränkende Auslegung nur bei Finanzmitteln, die nach seinem Hauptzweck einer gewerblichen Tätigkeit dienen, anwenden will. Diesen Begriff kennen wir Steuerrechtler schon aus der Ermittlung des sog. Finanzmittel Sockelbetrags, wo er bei Beteiligungsketten viel Mühe macht. Wer eine steuerneutrale Übergabe seiner Firma anstrebt, sollte nach wie vor alles von Experten durchprüfen und strukturieren lassen. Dafür benötigt man sowohl steuerliches Know-how als auch Expertise im Erbrecht und Gesellschaftsrecht.