Bewertung von Unternehmensanteilen
Bei nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften
In diesem Beitrag beleuchten wir zwei Urteile des Bundesfinanzhofes zur Bewertung von Unternehmensanteilen im Rahmen der Unternehmensübertragung. Im Fokus steht dabei die Holding-Gesellschaft.
Die Bewertung von Anteilen an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft wird vor allem bei der Übertragung zur Unternehmensnachfolge durch Schenkung oder von Todes wegen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer relevant. Der Bundesfinanzhof hatte kürzlich zweimal zu entscheiden, ob im Rahmen von pauschalierten Abschlagszahlungen und gesellschaftsvertraglichen Verfügungsbeschränkungen der gemeine Wert nach § 11 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG) im Rahmen der Bewertung anzusetzen ist oder wann zum Beispiel auf eine Bewertung nach dem Substanzwert auszuweichen ist. Beide Urteile zur Bewertung von Anteilen an einer Familienholding beleuchten wir in diesem Beitrag.
Anteilsverkauf zum immer gleichen Kursverhältnis
Dem ersten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 25.09.2024 – II R 15/21) lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einer GmbH – zugleich eine Familienholding – erfolgte regelmäßig die Einziehung von Geschäftsanteilen zu einem festen Kursverhältnis sowie deren Verkauf an die eigenen Gesellschafter. 2014 verstarb eine der Gesellschafterinnen der GmbH und im Rahmen der erbschaftsteuerlichen Begutachtung sollte eine Bewertung der Unternehmensanteile vorgenommen werden.
Die GmbH vertrat dabei die Ansicht, dass im Rahmen der Anteilsbewertung der gemeine Wert aus § 11 Abs. 2 S. 2 BewG am festgelegten Einziehungskurs gemessen werden müsse.
BFH: Kein Anteilsverkauf im gewöhnlichen Geschäftsverkehr
Der Bundesfinanzhof führte in der Urteilsbegründung aus, dass die Anteilsverkäufe, die jahrelang zu einem konstanten Preis erfolgten, nicht als Verkäufe im „gewöhnlichen Geschäftsverkehr“ zu qualifizieren seien, und man sie deshalb nicht zur Beurteilung des gemeinen Werts nach § 11 Abs. 2 S. 2 BewG heranziehen könne. Die vereinbarten Preise im Rahmen der Anteilsveräußerung seien nicht einzelfallbezogen und auch nicht unter marktwirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage zustande gekommen. Dementsprechend könne kein Marktwert im Sinne des gemeinen Wertes abgeleitet werden.
Anteilsverkauf mit pauschalem Holdingabschlag
Dem zweiten Urteil (BFH-Urteil vom 25.09.2024 – II R 49/22) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Auch hier stand eine Familienholding im Fokus des Geschehens. Die Holding hatte im Gesellschaftsvertrag detaillierte Regelungen festgehalten, wie der Verkauf von Unternehmensanteilen abzulaufen hat – darunter insbesondere Zustimmungserfordernisse sowie Vorkaufsrechte der Familienmitglieder.
Im Laufe der Zeit wurden Unternehmensanteile von einem Gesellschafter schenkweise an seine Kinder übertragen und der Anteilswert anhand vorangegangener Anteilsverkäufe zwischen Verwandten ermittelt. Diese Kaufpreise wurden jeweils um einen pauschalen Holdingabschlag in Höhe von 20 % reduziert. Das Finanzamt gestattete den pauschalen Holdingabschlag im Rahmen der Anteilsbewertung für der Schenkungsteuer jedoch nicht.
BFH: Kein gemeiner Wert bei pauschalem Holdingabschlag
Auch hier waren die Richter des Bundesfinanzhofs der Auffassung, dass die Anteilsverkäufe zwischen den Verwandten nicht einem Verkauf im gewöhnlichen Geschäftsverkehr entsprachen, sodass sie nicht für die Wertermittlung der per Schenkung übertragenen Unternehmensanteile herangezogen werden könnten. Denn den Vertragsparteien war es aufgrund der pauschalierten Preise – und der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Voraussetzungen für Anteilsverkäufe – nicht möglich, individuelle Preise im Sinne einer marktwirtschaftlichen Preisbildung zu verhandeln. Ein solcher jahrelang konstanter pauschaler Holdingabschlag sei ebenfalls keineswegs marktüblich, sodass er nicht zum Ableiten des gemeinen Wertes aus § 11 Abs. 2 BewG dienen könne.
Anteilsbewertung bei Kapital- und Holding-Gesellschaften
Der BFH stellt damit klar, dass der Substanzwert aus § 11 Abs. 2 BewG als Auffangtatbestand fungiert. Der gemeine Wert von Anteilen an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft kann diesen unterschreiten, sofern eine transparente Wertermittlung aus weniger als ein Jahr zurückliegenden Verkäufen unter fremden Dritten möglich ist. Maßgeblich sind dabei die Umstände des jeweiligen Einzelfalls.
Um eine Bewertung nach dem Substanzwert zu vermeiden, sollten Kapitalgesellschaften und insbesondere Holding-Gesellschaften darauf achte, keinerlei starre Vorgaben für die Preisbildung bei Anteilsverkäufen im Gesellschaftsvertrag zu fixieren, die Verfügungsbeschränkungen für die Vertragsparteien beim Anteilsverkauf darstellen. Soll unbedingt ein Holdingabschlag bei der Anteilsbewertung berücksichtigt werden, darf dieser keinesfalls über einen längeren Zeitraum gleich bleiben, noch anderweitig pauschaliert sein.
Unternehmensnachfolge bei Holdinggesellschaften
Spezial-Kenntnisse in der Unternehmensbewertung und Unternehmensnachfolge sind bei der Übertragung von Kapitalgesellschaften und Holding-Gesellschaften für eine gelungene Vermögensübergabe notwendig.
Vor allem, wenn es um eine baldige Unternehmensnachfolge, Schenkung oder die erbschaftsteuerliche Planung geht, können die gesellschaftsvertraglichen Regelungen erhebliche steuerliche Auswirkungen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer haben.
Unsere Steuerberater oder Fachanwälte für Steuerrecht beraten Sie gerne.