Auskunft des Erbschaftsbesitzers

Was gilt in der Erbengemeinschaft?

In einer Erbengemeinschaft schulden die Miterben untereinander nur in Ausnahmefällen Auskunft über den Nachlass und Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten.

Veröffentlicht am: 29.01.2025
Qualifikation: Fachanwältin für Erbrecht
Lesedauer:

Wenn in einer Erbengemeinschaft um die Verteilung des Nachlasses gerungen wird, will keiner zu kurz kommen. Für die Beteiligten ist es dabei wichtig, gut darüber informiert zu sein, welche Vermögenswerte überhaupt zum Nachlass gehören und was vielleicht schon zu Lebzeiten verschenkt wurde. Das Oberlandesgericht Naumburg musste einen Fall entscheiden, in dem Erben von einem weiteren Erben Informationen über solche lebzeitigen Zuwendungen verlangten (OLG Naumburg, Urteil vom 13. Juni 2024 - 2 U 81/23).

Wenn die Erben nach mehreren Todesfällen den Überblick verlieren

In dem zu entscheidenden Fall war in einer Familie zunächst der Vater verstorben, der seine Ehefrau und seine beiden Söhne als testamentarische Erben hinterließ. Die Erben einigten sich - unter Mitwirkung des im Testament eingesetzten Testamentsvollstreckers - vertraglich darauf, dass einem der Söhne sechs Immobilien aus dem Nachlass übertragen wurden. Dann verstarb auch die Mutter und hinterließ ihre Kinder als gesetzliche Erben. Als dann auch einer der beiden Söhne verstarb, forderten dessen Erben vom Bruder des Verstorbenen unter anderem Auskunft über Schenkungen seiner verstorbenen Mutter. Das Landgericht Magdeburg sah auch tatsächlich einen solchen Auskunftsanspruch. Das OLG Naumburg kassierte diese Entscheidung aber ein.

Ein Auskunftsanspruch von Miterben gegen einen anderen Miterben, der sogenannter “Erbschaftsbesitzer” (§ 2027 BGB) ist, kommt nach Auffassung des OLG zwar grundsätzlich in Betracht. Allerdings sei im Regelfall davon auszugehen, dass ein Miterbe den Nachlass für die Gesamtheit der Miterben in Besitz nehme, sodass zwischen diesen jeweils mitbesitzenden Miterben kein Auskunftsanspruch bestehe. 

§ 2027 BGB - Auskunftspflicht des Erbschaftsbesitzers

(1) Der Erbschaftsbesitzer ist verpflichtet, dem Erben über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft zu erteilen.

(2) Die gleiche Verpflichtung hat, wer, ohne Erbschaftsbesitzer zu sein, eine Sache aus dem Nachlass in Besitz nimmt, bevor der Erbe den Besitz tatsächlich ergriffen hat.

Die Auskunftspflicht des Erbschaftsbesitzers umfasse jedenfalls lediglich Auskünfte über die tatsächlich von ihm in Besitz genommenen Nachlassgegenstände und Vermögenswerte, die zum Zeitpunkt des Erbfalls noch vorhanden waren. Das, so das OLG, schließe Vermögenswerte, die durch Schenkungen zu Lebzeiten des Erblassers weggefallen seien, nicht mit ein.

Keine Auskunftsansprüche wegen Vollmacht oder Ausgleichung

In der Entscheidung wurde auch eine mögliche Auskunftspflicht aufgrund eines Auftragsverhältnisses geprüft, da der Sohn von seiner Mutter eine Kontovollmacht hatte und damit über dessen Girokonto verfügen konnte. Etwaige Auskunftsansprüche sind jedoch nach Auffassung des Gerichts erloschen, da die Mutter zu Lebzeiten ihre Kontoauszüge bekam, prüfte und verwahrte.

Schließlich wurden auch keine Auskunftspflicht aufgrund von Ausgleichungspflichten unter miterbenden Geschwistern bejaht. Im Raum stehende “Zuschüsse” nach § 2050 BGB seien nur ausgleichspflichtig, wenn und soweit sie “das dem Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende Maß überstiegen haben”. Da sei hier nicht der Fall gewesen. 

Der Fall zeigt anschaulich, wie schwierig es für Miterben sein kann, voneinander Informationen zu erhalten. Das liegt daran, dass es keinen allgemeinen Auskunftsanspruch innerhalb der Erbengemeinschaft gibt. 

Video: Auskunftsansprüche in der Erbengemeinschaft

Rechtsanwalt Bernfried Rose erklärt in diesem Video, welche Möglichkeiten Erben haben, von anderen Mitgliedern der Erbengemeinschaft Informationen zu erlangen.