Anfechtungsklage gegen Beschlüsse in der GmbH
Abkehr vom Aktienrecht & die Anziehungskraft des MoPeG
Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse stellen in der Unternehmenspraxis immer wieder ein erhebliches Problem dar. Änderungen könnten sich bei fehlerhaften Beschlüssen im GmbH-Recht ergeben, weil der Gesetzgeber das Recht der Personengesellschaften novellierte.
Soll bei fehlerhaften Gesellschafterbeschlüssen in einer GmbH nicht mehr auf das Aktienrecht, sondern auf die neuen MoPeG-Regelungen zurückgegriffen werden? Nach einer umfassenden Novelle des Handelsgesellschaftsrechts stellt sich diese interessante Frage, die ein tradiertes Rechtsverständnis auf den Kopf stellen könnte.
Streit um GmbH-Beschlüsse
Nicht immer laufen Gesellschafterversammlungen einer GmbH reibungslos ab. Insbesondere wenn der Mehrheitsgesellschafter bei der Beschlussfassung die Interessen der Minderheitsgesellschafter übergeht, kann eine Opposition zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, nämlich Klagen gegen GmbH-Gesellschafterbeschlüsse, führen. Solche Beschlüsse können aus verschiedenen Gründen anfechtbar sein, sei es wegen formaler Fehler, inhaltlicher Unstimmigkeiten oder Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften.
Wenn ein Gesellschafterbeschluss an formellen oder materiellen Mängeln krankt, stellt sich schnell die Frage der Anfechtbarkeit und Nichtigkeit solcher Beschlüsse. Die Korrektur und Anfechtung der Beschlüsse ist daher ein zentrales Thema im GmbH-Recht, um die Rechtssicherheit und den ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb zu gewährleisten.
Vorbild Aktienrecht im GmbH-Beschlussmängelrecht
Das GmbH-Recht besitzt selbst keine Regelung zum Umgang mit fehlerhaften Beschlüssen. Daher wurde aus dem GmbH-Recht heraus auf Regeln und Grundsätze des Aktienrechts zurückgegriffen. Dies hat historische Gründe, da das Aktienrecht als detaillierter und ausgereifter angesehen wurde. Insbesondere die Vorschriften zur Anfechtung und Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen nach dem Aktiengesetz (AktG) haben dabei eine bedeutende Rolle gespielt. Seit jeher dienten die §§ 241 ff. AktG auch in GmbH-Verhältnissen bei den Klagen als Vorbild. Zum Beispiel gilt daher auch bei GmbH-Beschlüssen der Dualismus der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen. Überdies bedient sich das GmbH-Recht beim Aktienrecht und begrenzt Anfechtungsklagen durch eine einmonatige Klagefrist.
Die Übernahme des aktienrechtlichen Regelungsregimes wurde jedoch vielfach kritisiert, da die Ausgangssituationen bei Aktien- und GmbH-Gesellschaften sehr unterschiedlich sind. So prägt die GmbH eigentlich der personalistische Gedanke, während die AG auf Kapitalaufbringung und Publizität ausgerichtet ist. Anders ausgedrückt: Strukturen und Anforderungen einer Aktiengesellschaft (AG) sind nicht immer auf eine GmbH übertragbar.
MoPeG: Neue Situation bei Personenhandelsgesellschaften
Mit dem Gesetz über die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wurde eine neue Kodifikation für Personenhandelsgesellschaften wie OHG und KG eingeführt. Damit gibt es nun spezifische Regeln für Beschlussmängel bei den personalistischen Unternehmungen. Das MoPeG enthält in den §§ 110 ff. HGB detaillierte Regelungen zum Umgang mit Beschlussmängeln bei Personenhandelsgesellschaften. Diese zielen auf mehr Rechtssicherheit und Transparenz ab. Aber dienen sie auch als Vorbild für das GmbH-Recht? Da die Regelungen des Handelsgesetzbuches durch das MoPeG nun näher an die Bedürfnisse und Strukturen von GmbHs heranrücken, stellt sich die berechtigte Frage, ob diese neuen Regelungen nicht auch im GmbH-Recht Anwendung finden könnten.
Strukturübernahme des MoPeG für die GmbH?
Da die GmbH der Personenhandelsgesellschaft in ihrer Konstruktion deutlich näher steht als der Aktiengesellschaft, könnte eine Orientierung des GmbH-Beschlussmängelrechts am MoPeG sinnvoll sein. Aktuell wird in der juristischen Fachliteratur die Übernahme der Strukturen des handelsrechtlichen MoPeG diskutiert, da die personalistische GmbH-Struktur deutlich näher an den Personenhandelsgesellschaften als an der Aktiengesellschaft liegt. Eine Übernahme der MoPeG-Grundsätze in das GmbH-Beschlussmängelrecht könnte daher hinsichtlich der nachfolgenden Punkte sachgerecht sein:
- Flexibilität und Anpassungsfähigkeit: Die neuen HGB-Regelungen bieten mehr Flexibilität bei der Gestaltung und Umsetzung von Beschlüssen, was auch bei der GmbH von Vorteil sein könnte.
- Erleichterte Anfechtungsregelungen: Die Vereinfachung der Anfechtungsverfahren könnte die Effizienz und Rechtssicherheit im Umgang mit fehlerhaften Beschlüssen erhöhen.
- Klarere Abgrenzungen: Durch präzisere Definitionen und Abgrenzungen könnten Missverständnisse und Rechtsunsicherheiten im Rahmen eines Streits in der GmbH reduziert werden.
Die Übernahme solcher Strukturen aus dem MoPeG könnte dazu beitragen, die Praxis des GmbH-Rechts zu modernisieren und an die aktuellen Anforderungen anzupassen.
Ausblick und anwaltliche Bewertung
Die Diskussion, ob das Beschlussmängelrecht der GmbH stärker an den neuen MoPeG-Regeln auszurichten ist, hat erst begonnen. Eine abschließende Klärung bleibt der Zukunft und der Rechtsprechung vorbehalten. Möglich scheint aber eine derartige Anpassung durchaus, um Kohärenz in deutschen mittelständischen Unternehmen zu schaffen.
Denkbar ist eine schrittweise Übernahme einzelner Elemente aus dem HGB-Recht im Wege der Vertragsgestaltung, um die Effizienz und Rechtssicherheit im GmbH-Recht zu erhöhen. Es gilt auch, dass eine größere Rechtssicherheit, immer auch Klagen gegen GmbHs reduziert. Wichtig ist jedoch, dass jede Anpassung sorgfältig geprüft und auf die spezifischen Bedürfnisse und Strukturen der GmbH abgestimmt wird. Insgesamt zeigt sich, dass das MoPeG wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung des GmbH-Beschlussmängelrechts liefern könnte. Eine intensive Auseinandersetzung mit diesen neuen Regelungen und deren potenziellen Vorteilen ist daher unerlässlich, um die Praxis des GmbH-Rechts zukunftssicher zu gestalten.