Ahnungslose Rechtsexperten

Wer braucht heute noch einen Anwalt? Was Journalisten in der Rechtsberatung leisten.

Veröffentlicht am: 14.11.2016
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Wer braucht heute noch einen Anwalt? Was Journalisten in der Rechtsberatung leisten.

Ein Beitrag von Bernfried Rose

Wolfgang Büser – der Rechtsexperte aus dem Frühstücksfernsehen

Meine Mutter empfahl mir bei meinem letzten Besuch einen Blick in die Fernsehzeitung, wo ein schönen Beitrag zur Errichtung von Testamenten zu finden sei. Autor war der „bekannte Rechtsexperte“ Wolfgang Büser. Schon am Anfang des Artikels (weiter bin ich nicht gekommen) stellt er die abenteuerliche Behauptung auf, ein Testament solle „notariell beglaubigt“ werden, da es "im Gegensatz zum handgeschriebenen später nicht anfechtbar“ sei.

Interessant, weil:

  1. Formwirksame Testamente müssen entweder handschriftlich errichtet oder notariell beurkundet (also verlesen) werden. Die Form der Beglaubigung (der Unterschrift) kennt das Erbrecht überhaupt nicht.
  2. Weder ist die Testamentserrichtung ohne Notar ein Anfechtungsgrund, noch macht die notarielle Errichtung ein Testament unanfechtbar.
  3. Ein Formfehler bei der Errichtung würde das Testament im Übrigen auch nicht anfechtbar, sondern schlicht unwirksam machen (ohne, dass es einer Anfechtung bedürfte).

„Ich  bin kein Jurist, aber … Rechtsexperte“

Wolfgang Büser weiß das offenbar alles nicht. Er ist kein auf das Erbrecht spezialisierter Fachanwalt. Er ist überhaupt kein Jurist. Trotzdem ist er selbsternannter „Rechtsexperte“ und zwar durch seine journalistische Tätigkeit einer der bekanntesten Deutschlands. Kaum ein Fernsehsender oder Magazin, in dem er in den letzten Jahrzehnten nicht über Rechtsfragen referiert hat. Baurecht, Verkehrsrecht, Steuerrecht, Strafrecht etc. – die Expertise von Wolfang Büser scheint vor keinem Rechtsgebiet haltzumachen.

Dem Rechtsanwalt kommen dabei die Tränen. Selbst nach Studium, Referendariat, zwei Staatsexamen, Berufshaftpflicht, Anwaltszulassung und Berufserfahrung ist er im Zweifel noch immer kein Experte für irgendwas. Jedenfalls streiten sich Anwälte, Rechtsanwaltskammern und Gerichte regelmäßig darüber, wer überhaupt als "Experte" oder "Spezialist" für sich werben darf und wie sich diese Qualifikationen zur Fachanwaltschaft abgrenzen lassen. Das Berufsrecht sieht das alles nicht so locker, vor allem nicht das Werberecht für Rechtsanwälte.

Rechtsexperten wie Wolfgang Büser haben diese Sorgen nicht. Als Journalisten bzw. Fachjournalisten (auch zwei nicht geschützte Bezeichnungen) entscheiden sie selbst, wofür sie Experte sind.

Abkassieren - im Schatten des Rechtsdienstleistungsgesetzes

Halb so schlimm, sollte man meinen. An die Allgemeinheit gerichtete Erörterungen von Rechtsfragen in den Medien, wie der eingangs erwähnte Beitrag zur Testamentserrichtung, stellen ja überhaupt keine Rechtsdienstleistung dar. Somit liegt auch kein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz vor, das das Volk vor unqualifizierter Rechtsberatung schützen soll.

Auf seiner Internetseite www.wolfang-büser.de beantwortet der Journalist aber mit seinem „Expertenteam“ ganz konkrete individuelle Rechtsfrage von Besuchern. Auf derselben Seite verkauft er Pakete mit Testamenten, Vollmachten etc., laut Impressum für die FORMBLITZ AG.

Vielleicht müssen die Anwälte einfach von Wolfgang Büser lernen, der in einem Alter (Jahrgang 1938), in dem Notare längst zwangspensioniert und Anwälte normalerweise im Ruhestand sind, noch Geld mit Testamenten verdient – ohne juristische Ausbildung, Qualifikation und praktische Mandatserfahrung.

Auch ein Trost: Vielleicht ist das nächste erbrechtliche Mandat ja ein schöner Erbstreit, in dem die Beteiligten um die Wirksamkeit eines Testaments von Wolfgang Büser streiten.

Der erwähnte erbrechtliche Experten-Beitrag fand sich übrigens in der "tv Hören und Sehen" Nr. 44 2016, Seite 20-24.