Zahlung der Abfindung aus dem Privatvermögen der verbleibenden Gesellschafter

Wer haftet, wenn der Ex noch Geld will?

Veröffentlicht am: 22.11.2016
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Bei einem ausgewachsenen Gesellschafterstreit bleibt als ultima ratio häufig nur der Ausschluss eines Gesellschafters. Diesem ist dann regelmäßig eine Abfindung zu zahlen. Was aber, wenn die Abfindungssumme nicht aus den Mitteln der Gesellschaft aufgebracht werden kann?

Ein Gastbeitrag von Sonja Dähnhardt

Gesellschafter fürchten die persönliche Haftung Seitdem der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 2012 am Rande von einer persönlichen Haftung der verbleibenden Gesellschafter für die Abfindung des ausgeschiedenen Gesellschafters gesprochen hat, fürchteten viele Gesellschafter im Konfliktfall um ihr Privatvermögen.

Schlimm genug, dass man dem Unruhestifter, wenn man ihn denn endlich losgeworden ist, überhaupt noch eine Abfindung zu zahlen hat. So dürften es zumindest die verbleibenden Gesellschafter regelmäßig empfinden. Sollten diese denn dann tatsächlich persönlich für diese Abfindung einstehen müssen? Für die meisten Gesellschafter eine unangenehme Vorstellung. Aber auch, wenn der Austritt des abzufindenden Gesellschafters freiwillig und im allseitigen Einverständnis erfolgte, möchten die verbleibenden Gesellschafter ungerne mit ihrem Privatvermögen für die Abfindungssumme einstehen.

BGH: Ein Ausschluss ist bereits vor Zahlung der Abfindung wirksam

Die Ausgangssituation für die Problematik schuf der BGH in besagter Entscheidung aus 2012. Darin stellte der Senat klar, dass ein Einziehungsbeschluss bereits in dem Moment wirksam wird, indem er dem betroffenen Gesellschafter mitgeteilt wird, und nicht erst im Moment der Abfindungszahlung. Dies führte für den ausgeschlossenen Gesellschafter dazu, dass dieser seinen Gesellschaftsanteil zwar mit sofortiger Wirkung verlor, seine Abfindung jedoch noch einfordern musste.

Da er bereits keinerlei Überblick und erst recht keine Mitbestimmungsrechte über die Geschäfte der Gesellschaft mehr hatte, bestand für ihn zudem das Risiko, dass die Gesellschaft nicht mehr fähig war, für seine Abfindung aufzukommen. In diesen Fällen, in den die Abfindung nicht aus dem Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann, sah der BGH eine persönliche Haftung derjenigen Gesellschafter vor, die den Einziehungsbeschluss gefasst haben.

Verschuldensunabhängige Haftung mit privatem Vermögen ist nicht sachgemäß

Da der BGH die persönliche Haftung der übrigen Gesellschafter an keine konkreten Voraussetzungen knüpfte, mussten Gesellschafter lange für den Fall des Ausscheidens eines Mitgesellschafters, die ausnahmslose persönliche Haftung für dessen Abfindung fürchten. Damit handelt es sich um ein großes Risiko für die persönlichen Vermögensverhältnisse. Die Aufnahme eines solchen Risikos ohne das Vorliegen eines persönlichen Verschuldens in irgendeiner Form erschien  vielen Gesellschaftsrechtlern schon immer unsachgemäß.

BGH entlastet die Gesellschafter: keine generelle Haftung für Abfindungen

Daher ist es zu begrüßen, dass der BGH, nachdem nun einige Jahre erhebliche Unsicherheit herrschte, im Mai 2016 für Klarheit sorgte. Es bestehe keine generelle Haftung der verbliebenen Gesellschafter, so die Richter des II. Zivilsenats.

Eine solche Haftung entsteht also nicht direkt mit der Beschlussfassung hinsichtlich der Einziehung der Geschäftsanteile des Ausgeschlossenen. Auch allein aufgrund der späteren Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft, selbst im Falle einer späteren Insolvenz, kann eine persönliche Haftung nicht angenommen werden. Vielmehr sei ein als treuwidrig zu bewertendes Verhalten der verbliebenen Gesellschafter vorauszusetzen. Ein solches sei gegeben, wenn die Gesellschafter weiterwirtschafteten, dabei auf die Befriedigung des abzufindenden Gesellschafters verzichteten und sich somit den Wert des eingezogenen Geschäftsanteils einverleiben ohne den ausgeschiedenen Gesellschafter dafür zu entschädigen.

Einseitige Risikotragung kann nicht gerecht sein

Diese Korrektur zugunsten der verbleibenden Gesellschafter ist auch deshalb richtig, da ein Streit der Gesellschafter um die Abfindungszahlung verschiedene Ursachen haben kann, die nicht zwingend den verbleibenden Gesellschaftern zugeschrieben werden können, sodass die einseitige Risikotragung durch diese nicht gerecht sein kann. Im Zweifel bleibt dem ausgeschiedenen Gesellschafter jedenfalls die Möglichkeit mit Hilfe seines Rechtsanwalts seinen Abfindungsanspruch gerichtlich durchzusetzen.

Die formellen Anforderungen an Einziehungsbeschlüsse bleiben unberührt

Mit dieser Entscheidung hat der BGH die Hürden für die Einziehung von Geschäftsanteilen in materieller Hinsicht verringert. Nichtsdestotrotz muss bei einem solchen Beschluss mit großer Sorgfalt gehandelt werden, um insbesondere den formellen Anforderungen von Einberufung und Durchführung der Gesellschafterversammlung gerecht zu werden. Im Falle eines Gesellschafterstreits sollte die Einziehung von Geschäftsanteilen daher weiterhin als ultima ratio betrachtet werden. Falls dies aber unumgänglich erscheint, kann es sinnvoll sein sich im Vornherein anwaltlich beraten zu lassen.

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