Wer kann einen Feststellungsbescheid anfechten?
800.000 EUR zu wenig im steuerlichen Einlagekonto deklariert
Gibt es ein Drittanfechtungsrecht für Gesellschafter, die gegen einen fehlerhaften Feststellungsbescheid des Unternehmens vorgehen wollen?
Wer darf den Feststellungsbescheid, den das Finanzamt als Grundlage der Besteuerung eines Unternehmens erlässt, anfechten? Im Rahmen dieser Frage beleuchten wir heute einen Fall, in dem die Gesellschafterin eines Unternehmens den Feststellungsbescheid eben dieses Unternehmens anfechten wollte. Ob dem Gesellschafter ein sogenanntes Drittanfechtungsrecht in Hinblick auf den Feststellungsbescheid des Finanzamtes zusteht, hat der Bundesfinanzhof Ende letzten Jahres entschieden (BFH, Urteil vom 21.12.2022 – I R 53/19).
Was ist überhaupt ein Feststellungsbescheid?
Ein Feststellungsbescheid wird vom Finanzamt gegen ein Unternehmen erlassen und basiert auf der vom Unternehmen zuvor selbst abgegebenen Feststellungserklärung. Neben der Festsetzung der Höhe der von der Gesellschaft insgesamt erzielten Einkünfte gibt der Feststellungsbescheid außerdem Auskunft darüber, wie die Einkünfte auf die einzelnen Anteilseigner bzw. Gesellschafter des Unternehmens verteilt werden. Kurz gefasst legt der Feststellungsbescheid die Besteuerungsgrundlagen eines Unternehmens fest.
Für den einzelnen Unternehmer dient der Feststellungsbescheid neben weiteren Angaben zur Einkommensteuererklärung grundsätzlich als Grundlage für die Einkommensteuer.
Einspruch und Klage gegen Steuerbescheid scheiterten
Problematisch war in diesem Fall, dass im Rahmen des Feststellungsbescheids, der gegen eine deutsche GmbH ergangen war, eine von einer dänischen Aktiengesellschaft an diese GmbH geleistete Einlage in Höhe von 800.000 EUR irrtümlich nicht im steuerlichen Einlagekonto festgestellt wurde. Zehn Jahre nach Leistung der Einlage, legte die dänische Aktiengesellschaft – nicht die deutsche GmbH selbst – Einspruch gegen den gegen die GmbH ergangenen Feststellungsbescheid ein.
Sowohl dieser Einspruch gegen den Steuerbescheid als auch eine nachfolgende Klage gegen den Steuerbescheid vor dem Finanzgericht scheiterten. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass ausschließlich die GmbH als Adressatin des Steuerbescheids das Recht habe, diesen anzufechten.
Interesse des Gesellschafters an Richtigstellung des Feststellungsbescheides?
Der Steuerbescheid ist gegen die deutsche GmbH ergangen, warum sollte die dänische Aktiengesellschaft ein eigenes Interesse daran haben, den festgestellten Bestand des steuerlichen Einlagekontos berichtigen zu lassen? Die von ihr geleisteten Einlagen in Höhe von 800.000 EUR möchte die dänische Aktiengesellschaft in ferner Zukunft wahrscheinlich irgendwann zurückgewährt bekommen. Eine steuerfreie Einlagenrückgewähr ist jedoch nur möglich, wenn die geleistete Einlage auch zuvor als Leistung aus dem steuerlichen Einlagekonto gem. § 27 KStG im Steuerbescheid erfasst wurde.
BFH: Kein Drittanfechtungsrecht für Gesellschafter des Unternehmens
In der letzten Instanz ging es für den Fall schließlich vor den Bundesfinanzhof in München. Doch auch dort erzielte die dänische Aktiengesellschaft als Gesellschafterin der deutschen GmbH eine Niederlage. Die bayerischen Richter begründeten ihr Urteil wie folgt: Eine Anfechtung des Steuerbescheides sei grundsätzlich nur durch die Adressaten des Feststellungsbescheides möglich – in diesem Falle sei das lediglich die GmbH als Kapitalgesellschaft selbst, nicht aber einer ihrer Gesellschafter. Die dänische Aktiengesellschaft sei als Gesellschafterin der GmbH lediglich mittelbar als Dritte betroffen.
Auch könne in diesem Fall nicht ausnahmsweise ein solches eigenes Anfechtungsrecht des Anteilseigners anerkannt werden. Denn da die GmbH den Fehler des Steuerbescheids selbst im Rechtsbehelfsverfahren geltend machen könnte, bestehe hier keine Rechtsschutzlücke. Außerdem würde ein solches Anfechtungsrecht dazu führen, dass der Bescheid noch Jahre später durch Gesellschafter angefochten werden könnte und infolgedessen dauerhaft kein Rechtsfrieden eintreten würde.