Vorsicht beim Kauf von Gewerbegrundstücken!
Unsicherheiten zwischen Nutzen-Lasten-Wechsel und Grundbucheintragung
Beim Kauf von Gewerbeimmobilien gilt es zahlreiche Besonderheiten des Gewerbemietrechts zu beachten. Gerade in der kritischen Phase zwischen Nutzen-Lasten-Wechsel und Grundbucheintragung sollte besondere Vorsicht walten. Zu einer solchen Fallkonstellation entschied kürzlich auch das Oberlandesgericht (OLG) München (Beschluss vom 21.10.2019 - 7 U 3659/19).
Räumungsklage eines Investors
In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatte das OLG über die Berufung eines Immobilieninvestors zu entscheiden. Dieser war in erster Instanz mit einer Räumungsklage gescheitert. Hintergrund war folgender:
Der Investor hatte im Mai 2018 in München die fragliche Gewerbeimmobilie per Asset Deal erworben, in der eine Mieterin einen Supermarkt führte. Die Miete betrug stattliche EUR 24.000 netto im Monat. Der Gewerbemietvertrag lief im September 2019 aus, jedoch waren zugunsten des Mieters 3 Optionsrechte je 5 Jahren vereinbart
Nutzen-Lasten-Wechsel vereinbart
Wie bei Immobilientransaktionen üblich, wurde vereinbart, dass das wirtschaftliche Eigentum bereits vor Grundbucheintragung des Käufers als Eigentümer auf den Käufer übergeht. Dies ist in der Praxis als „Nutzen-Lasten-Wechsel“ bekannt. Dieser heißt so, weil mit dem wirtschaftlichen Nutzen des Eigentums (hier den Mieterträgen) auch etwaige Risiken und Lasten auf den Käufer übergehen.
Voraussetzung des Nutzen-Lasten-Wechsels ist die vollständige oder nahezu vollständige Zahlung des Kaufpreises. Hierzu trat die Verkäuferin sämtliche Ansprüche aus dem Mietvertrag an die Käuferin ab. Wörtlich hieß es:
„Der Verkäufer bevollmächtigt hiermit den Käufer, ab dem Übergabetag alle Rechte aus dem Netto-Mietvertrag geltend zu machen einschließlich des Rechts, Kündigungen auszusprechen und den Nettomietvertrag zu ändern und neue Mietverträge abzuschließen. Auf Wunsch und Kosten des Käufers wird der Verkäufer entsprechende schriftliche Vollmachten in vom Käufer gewünschter Anzahl in gesonderten Urkunden erteilen.“
Einstellung der Zahlungen nach Wechsel
Wie in der Praxis üblich, teilte der Käufer kurz nach Vollzug des Nutzen-Lasten-Wechsels dem Mieter den Erwerb der Immobilie und den Besitzübergang mit und kündigte an, nach Eintragung im Grundbuch der Beklagten eine neue Dauerrechnung zu übersenden.
Kurz darauf stellte die Mieterin die Mietzahlungen ein. Sie zahlte weder an den ursprünglichen Vermieter noch an den Käufer. Sodann kündigte der Käufer namens und in Vollmacht des Verkäufers (der noch im Grundbuch eingetragener Eigentümer war), legte eine beglaubigte Abschrift des notariellen Grundstückskaufvertrags bei und erhob schließlich Räumungsklage. Die Mieterin rügte den fehlenden Nachweis einer Vollmacht.
Kündigungen in Vertretung nur mit Originalvollmacht
Das OLG wies die Berufung des Käufers zurück. Eine notariell beglaubigteAbschrift einer beglaubigten Vollmacht sei kein Original im Sinne von § 174 BGB. Der Mieter sei so nicht in der Lage, zu prüfen, ob der Käufer wirksam bevollmächtigt war. Da der Mieter bei der Beurkundung nicht anwesend war, habe er das Original der Vollmacht nicht prüfen können. Eine Vollmachtsprüfung durch den Notar ersetze auch nicht die Prüfung durch den Mieter.
Dem Mieter sei es anhand der ihm vorgelegten Unterlagen nicht möglich gewesen, die Vertragssituation schnell zu klären. Insbesondere sei ihm nicht zuzumuten gewesen, im Büro des Notars die dort liegende Originalvollmacht einzusehen.
Wie also kündige ich wirksam einen Gewerbemietvertrag?
Die Entscheidung ist für den Vermieter schmerzhaft, aber vollkommen richtig. Es gilt die alte Weisheit: Bei der Kündigung eines Gewerbemietvertrags kann man nicht vorsichtig genug sein. Der sicherste Weg ist eine Kündigung durch den grundbuchlichen Eigentümers selbst. Alternativ ist eine Originalvollmacht einzuholen und vorzulegen. Bei Beteiligung mehrerer Akteure (Eigentümer, Asset Management, Hausverwaltung) ist eine Vollmachtskette zu dokumentieren.
Der Vermieter sollte auch nie zu lange mit einer Kündigung eines Geschäftsraummietvertrags warten, anderenfalls könnte ein Kündigungsrecht verwirkt sein. Weiter sollte bei der Aussprache einer Kündigung immer daran gedacht werden, den Zugang der Kündigungserklärung ausreichend zu dokumentieren; hier kann durchaus eine Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher geboten sein.