Variable Vergütung und freiwillige Bonuszahlungen im Vorstandsvertrag
Ermessen des Aufsichtsrates oder Pflichtentscheidung für Sonderzahlungen?
Ermessen des Aufsichtsrates oder Pflichtentscheidung für Sonderzahlungen?
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Ronny Jänig, LL.M. (Durham), Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in Berlin
Wesentlicher Bestandteil von Vorstandsverträgen sind die Regelungen zur Vergütung des Vorstandes. Nicht wenige enthalten „freiwillige“ Bonuszahlungen, die die Entscheidung über das Ob und die Höhe der Zahlung in das sogenannte billige Ermessen des Aufsichtsrates stellen.
In der Praxis sind derartige freiwillige Sonderzahlungen und Gratifikationen nicht selten Anlass von Streit, insbesondere in Trennungssituationen (Abberufung, Amtsniederlegung des Vorstandes).
Der Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.9.2019, II ZR 192/18 (OLG Frankfurt a. M.), hat in einem jüngeren Urteil noch einmal die Position des Aufsichtsrates in Vergütungsfragen gestärkt und erneut die fehlende Vergleichbarkeit eine Vorstandes mit einem Arbeitnehmer betont. Zugleich hat er zum Thema AGB und Vorstandsvertrag Stellung bezogen
Vergütung des Vorstandes
Der überwiegende Teil der Vorstandsdienstverträge sieht hinsichtlich der Vergütung eine Zweiteilung vor. Auf der einen Seite steht die feste Vergütung im Sinne eines monatlichen Festgehaltes. Auf der anderen Seite steht die variable Vergütung, welche sich - grob gesprochen - wiederum in kurzfristige und langfristige Komponenten teilt. In der konkreten Ausgestaltung sind die Vergütungsregelungen sehr unterschiedlich und komplex.
Letzteres deshalb weil zahlreiche Besonderheiten, z.B. Verhältnis fester zu variabler Vergütung, Verhältnis kurzfristiger variabler zu langfristiger variabler Vergütung, zu beachten, die sich auch aus dem DCGK (Deutscher Corporate Governance Kodex) ergeben.
Freiwillige Sonderzahlungen, Sondergratifikationen, Ermessentantieme
Die Vergütungsansprüche der Mitglieder des Vorstandes sind meist als verbindliche Ansprüche ausgestaltet. Mit anderen Worten: Es ist geregelt, dass der Vorstand einen festen Euro-Betrag als feste Vergütung und einen nach einer im Vertrag bestimmten Formel zu errechnenden variablen Euro-Betrag als variable Vergütung erhält.
Es gibt jedoch auch Verträge welche betreffend die variable Vergütung eine weitere Komponente enthalten: die sogenannte Ermessentantieme oder der sogenannte Ermessensbonus. In wenigen Fällen ist diese weitere Komponente sogar die einzige Komponente der variablen Vergütung. Ermessenstantieme bzw. Ermessensbonus stellen die Zahlung eines Bonus mithin in das Ermessen des Aufsichtsrates. Der Aufsichtsrat entscheidet mithin eigenständig, ob und welcher Höhe der Vorstand etwaige Sonderzahlungen erhält.
Sonderzahlung trotz Regelung im Vorstandsvertrag?
Für den Vorstand stellt sich bei derartigen „freiwilligen Zahlungen“ stets die Frage, ob er einen entsprechenden Anspruch hat. Im vorgenannten Fall des BGH sah der Vorstandsvertrag - ergänzend zu gewährten Festvergütung - folgende Regelungen vor:
„Der Aufsichtsrat kann nach billigem Ermessen und im Einklang mit geltendem Recht […] zusätzlich zum Jahresbruttogrundgehalt Sonderleistungen, Gratifikationen oder ähnliches einmalig oder wiederholt gewähren. Bei diesen Sonderleistungen, Gratifikationen oder ähnlichem handelt es sich in jedem Falle um freiwillige Zuwendungen. Ein Rechtsanspruch kann aus ihnen nicht abgeleitet werden. Solche Sonderzuwendungen, Gratifikationen oder ähnliches können auch für außerordentliche Leistungen des Vorstandsmitglieds gewährt werden.“
Kein Anspruch auf Ermessenbonus
Das Gericht schlussfolgerte hieraus, dass der Vorstand keinen Anspruch auf Ermessentantieme bzw. Ermessensbonus habe. Die vertragliche Vereinbarung habe dem Aufsichtsrat größtmögliche Dispositionsfreiheit geben sollen, insbesondere auch hinsichtlich auch der Frage, ob überhaupt eine Sonderzahlung, -gratifikation erfolgen soll. Auch eine AGB-rechtliche Betrachtung ändere nichts an diesem Ergebnis, die aktienrechtlichen Regelung in § 87 AktG zwingendes Gesetzesrecht sei.
Ausdrücklich wies der BGH darauf hin, dass für den Arbeitnehmer geltende arbeitsrechtliche Regelungen nicht für den Vorstand einer Aktiengesellschaft gelten. So kann sich der Vorstand einer AG insbesondere weder auf den Grundsatz der betrieblichen Übung noch auf den Grundsatz des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes berufen.
Hinweise für die Praxis
Die Beteiligten sollten sich bei Vereinbarung von Vergütungsregelungen konkret darüber Gedanken machen, was sie wollen und inwiefern die angedachten vertraglichen Regelungen diese „matchen“. Vorständen führt die Entscheidung des BGH noch einmal vor Augen, dass sie unabhängig agierende Geschäftsleiter sind und daher einem Arbeitnehmer nicht vergleichbar sind.
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