Unternehmenskäufe durch Ausländer erschwert
Bundesregierung steigert die Nervosität der M&A-Anwälte
Bundesregierung steigert die Nervosität der M&A-Anwälte
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Boris Jan Schiemzik
Weltweit wird der gemeinhin geschätzte Multilateralismus durch den vom US-amerikanischen Präsidenten losgetretenen Nationalismus durch seine „America first“-Strategie verdrängt, und zwar peu à peu! Die Welt und die Wirtschaft werden geopolitisch neu aufgeschlüsselt. Davon bleiben auch die europäische und deutsche Volkswirtschaft nicht verschont: Der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier verschärft das Außenwirtschaftsrecht zum Jahreswechsel hin. Die 12. Novelle der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) wurde Ende Dezember 2018 im Bundeskabinett beschlossen und ist bereits in Kraft getreten.
Obwohl es auf der Homepage des Bundeswirtschaftsministeriums heißt „Deutschland ist eine offene Volkswirtschaft. Ausländische Investitionen sind im Rahmen des geltenden Rechts grundsätzlich in allen Bereichen möglich und willkommen“, wird der politische Einfluss auf die hiesige Industriepolitik eindeutig protektionistischer.
Kontrollschwellen bei Unternehmensübernahmen herabgesetzt
Als Ausdruck des Argwohns ausländischen Investoren gegenüber kann nach der Verschärfung des Außenwirtschaftsrechts die Bundesregierung den Erwerb von Unternehmensbeteiligungen überprüfen. Nach der jüngsten Änderung des § 56 AWV kann die Bundesregierung ein Überprüfungsverfahren starten, wenn ein EU-fremder Ausländer eine Beteiligung eines Unternehmens mit kritischer Infrastruktur in Höhe von 10 % der Stimmrechte zu erwerben beabsichtigt. Für die sektorübergreifenden Investitionsprüfungen wurde die Schwelle von 25 % auf nun 10 % herabgesetzt. Man mag nun einwenden, dass das ja nur für einen engen Kreis an deutschen Zielunternehmen gilt. Hier muss man sich vor Augen halten, dass nicht nur Rüstungsunternehmen in den Fokus fallen, sondern auch Anbieter von Krankenhaus- und Finanzsoftware und Unternehmen aus dem Trinkwasser- und Energiesektor. Auch Lebensmittelhersteller können erfasst werden. Da das Wirtschaftsministerium der Presse und Medienunternehmen einen großen Wert beimisst, werden mithin auch Telemedien, Druckerzeugnisse und Rundfunkunternehmen von der Investitionsprüfung des AWV erfasst. Der sachliche Anwendungsbereich des Außensteuerrechts vergrößert sich.
Überblick und Struktur: Investitionsprüfung nach AWV
Das Bundeswirtschaftsministerium kann zur Vermeidung von Sicherheitsgefahren in Deutschland die Übernahme von inländischen Unternehmen durch Ausländer überprüfen und in letzter Konsequenz untersagen. Geregelt wird das Verfahren im Außensteuergesetz und der Außensteuerverordnung. Zu unterscheiden ist das sektorübergreifende Verfahren von dem sektorspezifischen Prüfverfahren.
Die sektorspezifische Prüfung ist für die allgemeine M&A-Praxis in Deutschland nicht besonders relevant. Durch diese Prüfung will das Bundeswirtschaftsministerium die Beteiligung von Ausländern an inländischen Herstellern und Entwicklern von Kriegswaffen und militärischen Schlüsseltechnologien kontrollieren.
Weitaus praxisrelevanter für die M&A-Praxis ist das sektorübergreifende Verfahren, da der Anwendungsbereich größer ist und nun durch die Novelle vergrößert wird. Hier besteht eine Meldepflicht für Anteilserwerbe durch Nicht-EU-Investoren bzw. Nicht-EFTA-Ausländer. Diese Meldepflicht gilt für Unternehmen mit kritischer Infrastruktur. Die Medienunternehmen – wie oben dargestellt – unterfallen neuerdings auch in das sektorübergreifende Prüfverfahren. Ab einer Schwelle eines Anteilserwerbs von 10 % wird das Bundeswirtschaftsministerium sich der Prüfung annehmen. Stammt der Unternehmenskäufer aus der EU, greift das sektorübergreifende Verfahren grundsätzlich nicht. Aber es wird eine Missbrauchskontrolle stattfinden: Es ist beim EU-Investor zu prüfen, wer sich hinter dem EU-Investor verbirgt. Damit will die Regierung ausschließen, dass etwaige EU-Vehicle von nicht Nicht-EU-Ausländern beherrscht werden und das AWV über die Zwischenschaltung von EU-Unternehmen umgangen werden sollen. Der klassische M&A-Anwalt wird zukünftig öfter das außerhandelsrechtliche Prüfverfahren in seine To Do-Liste mit aufnehmen müssen.