Transmänner sind nicht gleich Transväter

EGMR bestätigt deutsche Rechtsprechung

Mutterschaft und Vaterschaft bleiben rechtlich ein Reizthema für Transfrauen und Transmänner mit Kinderwunsch.

Veröffentlicht am: 07.04.2023
Qualifikation: Rechtsanwalt & Mediator
Lesedauer:

Das Trasnssexuellengesetz (TSG) gibt Menschen, die sich nicht mir ihrem Geschlecht identifizieren, die Möglichkeit, dieses Geschlecht und auch ihren Vornamen zu ändern. Wer auf diese Weise rechtlich von einer Frau zu einem (Trans-)Mann wird, bleibt biologisch regelmäßig weiter in der Lage, ein Kind zur Welt zu bringen. Dann werden sie allerdings weiter mit ihrem weiblichen Geburtsnamen als Mutter des Kindes im Geburtenregister eingetragen.

Ein Transpaar klagt sich durch die Instanzen

Hiergegen klagte ein Berliner Trans-Elternpaar aus Berlin, bei dem der Transmann ein Kind gebar und als Vater in der Geburtsurkunde eingetragen werden wollte. Als das Standesamt dem Wunsch nicht nachkam, wurden die deutschen Gerichte bemüht – einschließlich Bundesgerichtshof (BGH) und Bundesverfassungsgericht.

Der Gang durch die Instanzen blieb aber erfolglos. Der BGH sah es wie das Standesamt und die Vorinstanzen und stützte sich dabei auf § 11 Satz 1 TSG. Der bestimmt, dass das Rechtsverhältnis zwischen einem Transsexuellen und seinen Kindern von der Geschlechtsänderung nicht berührt wird, auch wenn diese schon vor der Geburt stattgefunden hat.

Auch die Verfassungsbeschwerde brachte nicht die erhoffte Vaterschaft, da das BVerfG bereits entschieden hatte, dass der Gesetzgeber ein berechtigtes Interesse daran habe, Kindern ihre biologischen Eltern auch rechtlich so zuzuweisen, dass ihre Abstammung nicht im Widerspruch zu den biologischen Tatsachen stehe.

EuGH sieht Ermessensspielraum des Gesetzgebers

Trotz dieser Entscheidungen wollte sich der Transmann nicht abfinden und rief den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) an. Dort konnte eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) aber nicht festgestellt werden (EGMR, Entscheidung vom 4. April 2023. Insbesondere verletze die Rechtslage in Deutschland nicht das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 Absatz 1 EMRK.

Der EGMR billigt in seiner Entscheidung dem deutschen Gesetzgeber bei der Zuweisung der Elternschaft einen Ermessungsspielraum zu und weist darauf hin, dass dabei eine Reihe privater und öffentlicher Interessen gegeneinander abzuwägen seien.

Entscheidung auch zur Mutterschaft von Transfrauen

Die Entscheidung des EGMR betrifft auch den parallel laufenden Fall eines anderen Elternpaares, bei dem eine Transfrau versuchte, ihre Mutterschaft vor Gericht rechtlich durchzusetzen. Diese hatte mit einem konservierten Sperma ein Kind gezeugt und wurde vom Standesamt als Vater des Kindes in der Geburtsurkunde eingetragen. Auch dieses Paar scheiterte in allen Instanzen.

Wie geht es weiter im Abstammungsrecht?

Die Entscheidungen von EGMR, BVerfG und BGH bedeuten nicht, dass Transmännern und Transfrauen auch in Zukunft der Zugang zu der angestrebten rechtlichen Vaterschaft bzw. Mutterschaft verwehrt bleibt. Es ist gut vorstellbar, dass die Liberalisierung im Abstammungsrecht weiter voranschreitet und der deutsche Gesetzgeber die ihm eingeräumten Spielräume bei der Elternschaft zugunsten von Transmännern und Transfrauen ausnutzt. Das wird letztlich eine politische Entscheidung sein.