Stiftungsrechtsreform – der Countdown läuft

In einem Jahr tritt das neue Stiftungsrecht in Kraft

Bereits im Sommer 2021 wurde nach langem Ringen eine umfassende Reform des Stiftungsrechts beschlossen. Diese tritt in genau einem Jahr am 01. Juli 2023 in Kraft. Ein zentraler Teil des Reformpakets – die Einführung eines zentralen Stiftungsregisters – tritt sogar erst zum 01. Januar 2026 in Kraft.

Veröffentlicht am: 30.06.2022
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in Hamburg
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Die Reform war sehr umstritten, den einen ging sie zu weit, den anderen griff sie zu kurz und wieder anderen gefiel die Richtung nicht. Die Stimmenvielfalt ist sicherlich auch auf den Umstand zurückzuführen, dass auf Bundesebene bislang wenig geregelt ist und die Landesgesetze eine recht hohe Regelungsvielfalt aufweisen.

Die mit der Reform verbundenen praktischen Fragen sollen hier kurz umrissen werden.

Was ist neu?

Es handelt sich um eine Reform, keine Revolution, und die Änderungen und ihre Bedeutung für die Praxis erscheinen überwiegend wenig spektakulär und betreffen vielfach eher den gesetzgeberischen Rahmen als die sitftungszivilrechtlichen Inhalte.

So ist nunmehr vieles im BGB geregelt, was sich vorher in unterschiedlichen Facetten in den Siftungsgesetzen der Länder gefunden hat. Nach dem Grundsatz Bundesrecht-bricht-Landesrecht wird dies zu einer Vereinheitlichung führen, auch im Hinblick auf die Verwaltungspraxis und die Auslegung durch die damit befassten Gerichte.

Inhaltlich liefert die Reform wenig Neues, klärt aber einige für die Praxis bedeutsame Streitfragen. Dies betrifft die für auf Ewigkeit angelegten Stiftungen so wichtige Ermittlung des Stifterwillens sowie die Darstellung des Stiftungszwecks in der Satzung, die Vorgaben zum Umgang mit dem Stiftungsvermögen, die Möglichkeit von Satzungsänderungen und Umstrukturierungen.

Ein echtes Novum ist das ab 2026 geplante bundesweite Stiftungsregister.

Auswirkungen auf die Neugründung von Stiftungen

Die beschlossene Stiftungsrechtsreform wirkt sich bereits heute auf die Anforderungen an die Gründung einer Stiftungaus, auch wenn sie erst in einem Jahr in Kraft tritt. Dies gilt in besonderem Maße, weil die Satzung von Stiftungen aufgrund der Ewigkeitsstruktur später nur schwer geändert werden können. Bei der Gestaltung sind die Anforderungen von morgen somit heute bereits zwingend zu berücksichtigen.

Bei der Satzungsgestaltung liegt das Hauptaugenmerk auf der Fassung des Stiftungszwecks und den Maßnahmen zur Erreichung desselben. Die Stiftungsrechtsreform stellt klar, dass, sofern sich der tatsächliche Stifterwille nicht (mehr) ermitteln lässt, der mutmaßliche Stifterwille zu berücksichtigen ist. Ein Stifter, der zukünftige Stiftungsorgane und die Stiftungsaufsicht eng binden möchte, sollte somit darauf Wert legen, seinen Willen in Bezug auf den Stiftungszweck und die Maßnahmen zur Zweckerreichung besonders engmaschig auszuführen.

Durch die Reform erfolgen Vorgaben bzw. Klarstellungen in Bezug auf die Zusammensetzung des Stiftungsvermögens sowie auf die Verwaltung des Grundstockvermögens als Teil desselben, welches jetzt gesetzlich definiert wurde. Das Gesetz lässt ausdrücklich bestimmte Gestaltungsspielräume zu, insbesondere die Möglichkeit, das Grundstockvermögen vorübergehend anzutasten. Interessierte Stifter sollten von diesen Möglichkeiten Gebrauch machen und dies in der Satzung verankern. Da die Stiftungsreform erfreulicher Weise weiterhin keine Vorgaben zur Verwaltung des Grundstockvermögens macht, dem teilweise - auch in bei der Siftungsaufsicht - verbreiteten Irrglauben der zwingend „mündelsicheren“ Anlage also nicht folgt, sollte der Stifter in der Satzung auch Vorgaben zur Vermögensverwaltung machen. Insbesondere im Hinblick darauf, in welche Vermögensgegenstände investiert werden darf und mit welchem grundsätzlichen Risiko-Rendite- Profil dies geschehen soll. Dies sollte zu den verfolgten Stiftungszwecken passen. Entsprechende Vorgaben entlasten zudem die Stiftungsorgane auch haftungstechnisch, da sie bei Regelung in der Satzung sich auf die Stiftervorgaben berufen können.

Nach der Stiftungsreform sieht das Gesetz nunmehr ausdrücklich die Möglichkeit von späteren Satzungszweckänderungen oder Umstrukturierungen vor, wenn diese aufgrund zwischenzeitlich eingetretener Umstände notwendig erscheinen. Sollte der Stifter dies nicht wollen, so muss er dem in Zukunft in der Satzung ausdrücklich einen Riegel vorschieben.

Für Stiftungsorgane gilt jetzt ausdrücklich die sog. „Business-Judgment-Rule“, wie für die Geschäftsführer von GmbHs oder die Vorstände von Aktiengesellschaften auch. Dies dürfte, insbesondere im Hinblick auf die Haftung im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung deutlich mehr Sicherheit für die Organe bringen.

Auswirkungen auf die Alt-Stiftungen

Der Anpassungsbedarf für Alt-Stiftungen ist grundsätzlich eher gering oder nicht vorhanden, da bei der Reform ja vor allem Rechtsvereinheitlichung und die Klärung von grundsätzlichen Fragen im Vordergrund stand. Dennoch kann die anstehende Reform der Anstoß sein, um eine nicht mehr zeitgemäße Satzung gründlich durchzusehen und im Hinblick auf den neuen Gesetzesrahmen anzupassen.

In Zukunft lässt der Gesetzgeber es ausdrücklich zu, dass eine Ewigkeitsstiftung sich in eine

Verbrauchsstiftung umwandeln kann, wenn dies aufgrund der Vermögenslage notwendig erscheint. Dies ist angesichts der finanziell prekären Lage vieler Alt-Stiftungen, die sich insbesondere auch aus dem jahrelangen Niedrigzinsumfeld ergeben hat, eine Option, auf die viele dieser Stiftungen warten und für die sich nun eine Perspektive öffnet.

Insbesondere das Stiftungsregister

Mit der Einführung eines zentralen Stiftungsregisters steht zudem eine echte Neuerung an. Damit gibt es auch für rechtsfähige Stiftungen ein öffentliches Register mit negativer Publizitätswirkung, wie für GmbHs, AG, KG oder auch Genossenschaften, die im Handels- und Unternehmensregister bzw. im Genossenschaftsregister geführt werden. Der umständliche Nachweis der Stiftungsvorstände bezüglich ihrer Vertretungsmacht entfällt dann endlich.

Andererseits geht damit ein Stück Anonymität verloren. Aber durch die Einführung des Transparenzregisters im Zuge der Geldwäschegesetz- Reformen war diese ohnehin nicht mehr wirklich gegeben.

Die Einführung des Stiftungsregisters hat auch Auswirkungen auf die Namensgebung von selbständigen Stiftungen bürgerlichen Rechts. Diese haben im Rechtsverkehr nunmehr als „eingetragene Stiftung“ bzw. „e.S.“ aufzutreten. Damit werden solche „echten“ Stiftungen nunmehr gegenüber anderen Rechtsformen als Stiftungen, insbesondere der gGmbH und dem Verein als Stiftung, im Rechtsverkehr erkennbar.

Ausblick

Die Stiftungsreform bringt einige Neuerungen und deutlich mehr Rechtssicherheit bei der Satzungsgestaltung. Auch wenn sich daraus wenig zwingender Anpassungsbedarf ergibt, können sich Spielräume und Denkanstöße ergeben, um die Satzung, sowie Geschäftsordnungen der Organe zu auf den aktuellen Stand zu bringen.

Die Vorgaben für das Stiftungsregister sind, wie bisher schon diejenigen zum Transparenzregister, zu beachten.

Es wird bereits weiterer Anpassungsbedarf diskutiert und es ist ausdrücklich eine Evaluierungsphase des Gesetzes vorgesehen, sodass in diesem naturgemäß eigentlich eher beständigen Rechtsgebiet in naher Zukunft noch weitere Anpassungen zu erwarten sind. Nach der Reform ist also vor der Reform!

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