Steuererleichterung bei der Unternehmensnachfolge
Bundesfinanzministerium entschärft 90%-Test
Die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung bei der Betriebsnachfolge sind komplex. Für Erleichterung sorgt nun ein Erlass zum Verwaltungsvermögen.
Wer eine Firma bzw. Unternehmensanteile erbt oder schenkweise übertragen bekommt, kann auf umfassende Befreiungen bei der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer hoffen. Hierfür gilt es aber eine Reihe von gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Unter anderem gilt sogenanntes Verwaltungsvermögen nicht als aktives schutzwürdiges betriebliches Vermögen. Ein Erlass des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) sorgt diesbezüglich nun für Klarheit und Entlastung für viele Nachfolger.
90 Prozent-Test als Voraussetzung für die Verschonungsregel
Da Betriebsvermögen, das zu großen Teilen aus Verwaltungsvermögen besteht, nicht von den Verschonungsregelungen des Erbschaftsteuergesetzes profitieren soll, findet sich in § 13b Absatz 2 ErbStGder sogenannte 90%-Test. Um diesen zu bestehen, darf das im Betriebsvermögen enthaltene Verwaltungsvermögen im Verhältnis zum erbschaftsteuerlichen Wert des Betriebsvermögens nicht mehr als 90 Prozent betragen.
Bei Unternehmensnachfolgen führte in der Vergangenheit der sog. 90% Test zu überraschenden Ergebnissen. Eigentlich als Missbrauchsvorschrift (Verhinderung Cash-GmbH´s) gedacht kegelte der 90% Test aufgrund seiner vom Gesetzgeber völlig misslungen Konzeption auch durch und durch gewerblich tätige Unternehmen aus den weitreichenden Begünstigungen (85% oder gar 100% Steuerfreistellung bei der Schenkung-, Erbschaftsteuer) raus. Problematisch war bisher, dass beim Test betriebliche Schulden nicht berücksichtigt wurden und es damit manchmal auch einfach nur vom Zufall abhing, ob ein Unternehmen begünstigt wurde oder nicht. Ein hoher Forderungsbestand oder Bankbestand konnte trotz hoher dagegenstehender Verbindlichkeiten zum „Knock Out“ führen.
Weichenstellung des Bundesfinanzhofs
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte entschieden, dass bei Handelsunternehmen, deren begünstigungsfähiges Vermögen auch aus Finanzmitteln und deren Hauptzweck einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 EStG dient, für den dort verankerten 90-%-Test die betrieblich veranlassten Schulden von den Finanzmitteln in Abzug zu bringen sind (BFH, Urteil vom 13. September 2023, II R 48/21). Unklar war bisher, ob dieses Urteil über den entschiedenen Sachverhalt betreffend ein Handelsunternehmen anzuwenden war. Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat nun im Erlass vom 19.06.2024 - S 3812b klargestellt, dass das so freundliche Urteil nicht auf typische Handelsunternehmen beschränkt ist.
Herausforderungen bleiben. Vor jeder Übertragung ist sicherzustellen, dass auch wirklich die Vorschriften über die Begünstigung des Betriebsvermögens eingehalten werden, damit die Übertragung frei von Schenkungssteuer bzw. Erbschaftssteuer erfolgen kann. Übrigens sollte auch die Einkommensteuer bei einer vorweggenommenen Übertragung immer im Blick genommen werden. Die ertragsteuerlichen Risiken werden gerne übersehen.