Sterben ohne Testament…
... kann für die Angehörigen teuer werden
Dass eine durchdachte Nachfolgeplanung durch ein Testament für die Angehörigen wichtig sein kann, zeigt ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofs.
Wer stirbt, ohne ein Testament hinterlassen zu haben, beschert seinen Angehörigen nicht selten erhebliche Probleme. Wie weit solche Probleme führen können, zeigt ein aktueller Beschluss des Bundesgerichtshofs. Hier wollten Erben die versäumte Nachfolgeplanung des Erblassers nachträglich durch eine Ausschlagung korrigieren und machten damit ungewollt die Geschwister des Erblassers zu seinen Erben. Und dieses Ergebnis lässt sich auch nachträglich nicht mehr korrigieren, so beschloss der Bundesgerichtshof.
Mutter sollte nach Willen der Kinder Alleinerbin werden
Dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 22.02.2023 (IV ZB 12/22) liegt ein Erbfall aus dem Jahr 2018 zugrunde. Der Erblasser hatte bei seinem Tod kein Testament hinterlassen. Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus einer Eigentumswohnung, in welcher der Erblasser gemeinsam mit seiner Ehefrau bis zu seinem Tod gelebt hatte. Neben der Ehefrau hatte der Erblasser mehrere Kinder aus der gemeinsamen Ehe.
Der Erblasser wurde zunächst von seinen gesetzlichen Erben, also von seinen Kindern und seiner Ehefrau beerbt. Die Familie war sich aber einig darüber, dass die Ehefrau des Erblassers und Mutter der Kinder die Wohnung, in der sie lebte, als alleinige Eigentümerin bekommen soll. Aus diesem Grund entschieden sich die Kinder dazu, die Erbschaft auszuschlagen. Sie wollten hiermit bewirken, dass deren Mutter alleinige Erbin wird.
Geschwister wurden ungewollt gesetzliche Erben
Die Mutter beantragte darauf hin einen Erbschein beim Nachlassgericht, welcher sie als alleinige Erbin des Erblassers ausweisen sollte. Der Erbschein wurde der Mutter allerdings nicht antragsgemäß erteilt. Das Nachlassgericht verwies darauf, dass der Erblasser mehrere Halbgeschwister und eine Vollschwester habe, welche aufgrund des Wegfalls der Kinder als Erben nun ersatzweise mit der Ehefrau gemeinsam Erben geworden seien.
Laut Gericht kein beachtlicher Rechtsirrtum
Ein Sohn des Erblassers focht daraufhin die Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht in der Hoffnung an, dass er die versehentlich verursachte Folge, dass die Geschwister des Erblassers Miterben werden, wieder beseitigen kann. Er stütze seine Anfechtung auf einen Irrtum und begründete, dass er sich darüber geirrt habe, dass seine Mutter alleinige Erbin werde, wenn er seine Erbschaft ausschlage. Ergänzend trug er beim Nachlassgericht vor, dass noch nicht einmal gewusst habe, dass sein Vater Geschwister habe.
Das Nachlassgericht hielt die Anfechtung allerdings für nicht wirksam, mit der Folge, dass die Erbenstellung sämtlicher Geschwister des Erblassers feststand. Auch die eingelegte Beschwerde beim Oberlandesgericht Hamm und die eingelegte Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof brachten keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof war der Ansicht, dass der Sohn seine Ausschlagung mangels eines beachtlichen Rechtsirrtums nicht mehr anfechten konnte. Die Ehefrau des Erblassers war damit gemeinsam mit allen Geschwistern des Erblassers Erbin geworden.
Ersatzweise Erbschaft der Geschwister nur mittelbare Folge
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Sohn keinem relevanten Irrtum unterlegen habe und dass die Ausschlagung der Erbschaft für ihn daher nicht anfechtbar sei. Grundsätzlich kann eine Ausschlagung der Erbschaft gem. § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB nachträglich angefochten werden, wenn der Ausschlagende einem sogenannten Inhaltsirrtum unterliegt. Ein Inhaltsirrtum kann, so betont es der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss ausdrücklich, auch dann vorliegen, wenn der Erklärende über die Rechtsfolgen seiner Ausschlagung geirrt hat. Erforderlich sei aber dann, dann die Ausschlagung eine wesentlich andere Wirkung erzeugt, als der Anfechtende mit seiner Ausschlagung beabsichtigt habe. Und genau dieses Kriterium fehlte laut dem Bundesgerichtshof bei dem Sohn. Der Sohn habe sich nämlich lediglich darüber geirrt, wer an seiner Stelle Erbe seines Vaters werde. Dies sei aber nur eine mittelbare Folge seiner Ausschlagung. Über die unmittelbare Folge, dass er seine Erbenstellung durch die Ausschlagung verliere, habe er sich gerade nicht geirrt.
Der BGH sah auch keinen relevanten Irrtum darin, dass der Sohn ergänzend vortragen ließ, dass er gar nichts von der Existenz der Geschwister des Vaters gewusst hätte. Hierbei könne es sich zwar grundsätzlich um einen relevanten Irrtum handeln, konkret sei dieser Irrtum aber nicht ursächlich für die Anfechtung des Sohnes gewesen.
Achtung Erbschaftsteuer! Vorsorge durch Testament wäre die beste Option gewesen
Der dem Beschluss zugrundeliegende Fall ist wieder einmal ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig eine frühe und durchdachte Vermögensnachfolgeplanung sein kann. Hätte der Erblasser sich vor seinem Tod Gedanken über seine Vermögensnachfolge gemacht, dann wäre er wohl wahrscheinlich im Einvernehmen mit seinen Kindern und seiner Ehefrau bereits auf die Idee gekommen, dass er seine Ehefrau wegen der gemeinsam bewohnten Eigentumswohnung zu seiner Alleinerbin einsetzen sollte und seine Kinder lediglich als Schlusserben, so wie es in einem klassischen Berliner Testament geregelt wird.
Im zugrundeliegenden Fall hätten die Kinder noch die Option gehabt, die Immobilie auf ihre Mutter unentgeltlich zu übertragen, statt die Erbschaft auszuschlagen. Hierbei wäre aber mit aller Voraussicht eine nicht gerade geringe Schenkungsteuer angefallen. Eltern haben nämlich bei Schenkungen von ihren Kindern lediglich einen Steuerfreibetrag in Höhe von 20.000 Euro. Je nach Wert der Immobilie wären wohl voraussichtlich Steuern zwischen 15 du 30 % angefallen.
Durch ein vorausschauendes Testament wäre all dies zu verhindern gewesen.