Urteil im Markenrechtsstreit um Spezi

Riegele unterliegt Paulaner im Streit um Nutzungsrechte

Die Paulaner Brauerei darf die Bezeichnung "Spezi" weiterhin nutzen. Dies folgt laut LG München I aus einer Vereinbarung aus dem Jahr 1974, die entgegen der Ansicht der Augsburger Brauerei Riegele auch heute noch Bestand habe.

Veröffentlicht am: 13.10.2022
Qualifikation: Rechtsanwältin in Hamburg
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Welches ist das leckerste Spezi? Mischt man Cola mit Orangenlimo oder mit Orangensaft? Aber vor allem, heißt es der, die oder das Spezi? Streitpotenzial bietet das Cola-Orange-Mischgetränk schon lange. Nun aber beschäftigte der Streit zwischen zwei Brauereien auch die Gerichte. Man stritt um Marken- und Lizenzrechte, die Wirksamkeit einer jahrzehntealten Vereinbarung und die Frage, wer die Bezeichnung Spezi nutzen darf.

Nutzungsrechte für 10.000 Mark

Dass das Mischgetränk aus Cola und Orange einmal eine solch große Beliebtheit erfahren würde, konnte in den 50-er Jahren wohl noch keiner ahnen. Nachdem sich die Spezial-Mischung in den schwäbischen Wirtshäusern immer größerer Beliebtheit erfreute, füllte die Privatbrauerei Riegele diese als erste in Flaschen ab. Das Spezi war geboren. Riegele ließ sich den Namen „Spezi“ schützen und vergab über einen eigens gegründeten Verband Lizenzen.

Als die Brauerei Paulaner dann ein eigenes „PAULANER Spezi“ herausbrachte, schloss man eine vertragliche Vereinbarung mit einer Einmalzahlung von 10.000 Mark. Angesichts der heutigen Umsätze ein gutes Geschäft für die Münchner. Paulaner produziert heute pro Jahr rund 900.000 Hektoliter von seinem Spezi - zum Ärger der Erfinder.

Streit um Kündigung vor dem Landgericht

Kurzerhand kündigte Riegele den Vertrag aus dem Jahr 1974. Man zweifele ohnehin an, dass dieser noch Wirkung entfalten könne. Schließlich sei er vor rund 50 Jahren mit Paulaner-Salvator-Thomasbräu geschlossen worden. Die heutige Paulaner-Brauerei-Gruppe sei gar nicht die gültige Rechtsnachfolgerin. Man bot an, einen neuen Lizenzvertrag zu schließen, jetzt allerdings über 4,5 – 5 Millionen Euro pro Jahr. Die Paulaner-Brauerei-Gruppe wollte dies – verständlicherweise – nicht auf sich sitzen lassen und erhob Feststellungsklage vor dem Landgericht München.

In dieser Klage wollte Paulaner vom Gericht bestätigt wissen, dass die Vereinbarung aus dem Jahr 1974 fortbestehe, aus der sich die Berechtigung zur Nutzung der Bezeichnung „PAULANER Spezi“ ergebe. Riegele hielt hier widerklagend mit markenrechtlichen Ansprüchen auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz gegen.

Gericht sieht keinen Lizenzvertrag

Einen vorläufigen Sieg errang Paulaner vorgestern vor dem Landgericht München I, welches der klagenden Brauerei vollständig Recht gab.

Maßgeblich war für das Gericht vor allem, dass die Vereinbarung nicht als Lizenzvertrag, sondern als „Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarung“ auszulegen sei. Ein Hinweis hierauf sei, dass die Überschrift „Lizenzvertrag“ durchgestrichen und durch „Vereinbarung“ ersetzt worden. Außerdem hätten die Parteien damals die bestehenden Streitigkeiten endgültig beilegen wollen. Im Vertrauen auf diese Endgültigkeit hätte Paulaner dann erheblich in den Aufbau der Marke investiert.

Anders als ein Lizenzvertrag, der grundsätzlich ordentlich kündbar ist, könne Riegele eine solche Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarung nicht einfach kündigen. Schließlich lasse sich die Schutzdauer eingetragener Markenrechte durch einfache Gebührenzahlung unbegrenzt verlängern. Genauso unbegrenzt bestehe dann das Bedürfnis nach einer Abgrenzung der Benutzungsbefugnisse für verwechslungsfähige Zeichen.

Reue ist kein wichtiger Kündigungsgrund

Auch einen Anlass für eine außerordentliche Kündigung sah die auf Marken- und Wettbewerbsrechtspezialisierte Kammer nicht. Paulaner habe sich stets vertragstreu verhalten und die vertragliche Vereinbarung unbestritten eingehalten. Auch erkannte die Kammer die Paulaner-Brauerei- Gruppe als Rechtsnachfolgerin an.

Dass Riegele die Vereinbarung heute bereue und den nachvollziehbaren Wunsch hätte, am „beachtlichen wirtschaftlichen Erfolg“ der Konkurrenz zu profitieren, stellt aus Sicht des Gerichts jedoch keinen wichtigen Grund im Rechtssinne dar.

Bislang ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Sollte Riegele sich nicht geschlagen geben wollen, dürften sich die Konkurrenten vor dem Oberlandesgericht wiedersehen.