Schenkung zurückfordern wegen Verarmung?

Spielregeln des Sozialhilferegresses gelten nicht für den Unterhalt

Für die Rückgängigmachung einer Schenkung gelten komplexe Regeln. Diese sollten sowohl der Schenker als auch der Beschenkte kennen.

Veröffentlicht am: 08.05.2024
Qualifikation: Rechtsanwalt & Mediator
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Die Rückforderung einer Schenkung bzw. der Schenkungswiderruf ist ein rechtliches (und gelegentlich auch steuerliches) Minenfeld. Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, wann ein Beschenkter die Rückabwicklung einer Schenkung aufgrund einer Verarmung des Schenkers abwenden kann (BGH, Urteil vom 16. April 2024 - X ZR 14/23).

Sozialhilfeträger nimmt Sohn wegen Pflegeleistungen für die Mutter in Anspruch

In dem Fall ging es um eine pflegebedürftige Frau, die Leistungen des Sozialhilfeträgers in Anspruch genommen hatte und inzwischen verstorben war. Die Frau hatte zu Lebzeiten ihrem Sohn ca. 20.000 Euro geschenkt. Diesen Betrag verlangte der Sozialhilfeträger heraus. Hierfür leitete er den gesetzlichen Rückforderungsanspruch aufgrund Verarmung des Schenkers auf sich über. Der Rückforderungsgrund ist in § 528 BGB wie folgt geregelt: "Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern."

Der Sohn wehrte sich gegen den geltend gemachten Anspruch und berief sich dabei ebenfalls auf das Gesetz, nämlich die Einrede gemäß § 529 Absatz 2 BGB. Danach der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks ausgeschlossen, "soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, das Geschenk herauszugeben ohne, dass sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird."

Wann gilt die 100.000 Euro-Grenze?

Mit dem Einwand, die Rückzahlung der Schenkung würde seinen angemessenen Unterhalt gefährden, hatte der Sohn sowohl beim Landgericht als auch beim Oberlandesgericht Erfolg. Die Gerichte berücksichtigten nämlich bei der Bemessung des angemessenen Unterhalts den Maßstab der Unterhaltspflicht gegenüber Eltern und dabei die Begrenzung des Sozialhilferegresses beim Elternunterhalt, der gemäß  § 94 Absatz 1a SGB XII erst ab einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro möglich ist. Das Oberlandesgericht war der Auffassung, diese Einkommensgrenze müsse sich auch auf das Unterhaltsrecht auswirken. Hieraus ergebe sich ein angemessener Eigenbedarf von monatlich 5.000 Euro netto - ein Betrag, der über dem Einkommen des beschenkten Sohnes lag.

Der BGH - bei dem der Fall schließlich landete - sah das jedoch anders. Eine analoge Anwendung der 100.000 Euro-Grenze auf den Schenkungswiderruf wegen Verarmung sei nicht geboten, da hier keine "planwidrige Regelungslücke" vorliege.

Wichtige Fragen bleiben offen

Der BGH hat sich darüber hinaus aber bedeckt gehalten und die Sache erst mal wieder an das OLG zurückverwiesen. Einige Fragen im Themenkomplex rund um Schenkungen, Unterhalt und Widerruf bleiben damit weiter offen bzw. umstritten - insbesondere die Auswirkung des Angehörigen-Entlastungsgesetzes auf das Unterhaltsrecht und der Frage nach dem sogenannten Selbstbehalts. Familien bleiben daher gut beraten, rechtzeitig über Gestaltungen nachzudenken, die dem langfristigen Schutz des Vermögens (Asset Protectio) dienen.